Sonntag, 26. November 2017

Ausschnitt aus August

August:
Meine letzten beiden Monate im offiziellen Dienst. Und die besten! Ab Mitte August bis zum Ende verlief alles wie es nicht hätte besser sein können. Einschneiden und Intensiv wie es nur in Israel sein kann. Ein bisschen wie in einem Traum oder einem Märchen. Nur das es Realität war. Die schöne Seite der Realität. Und mit einer nochmal so geballten Intensität, sodass es kein Wunder ist, dass ich mich in Israel verliebt habe. Im doppelten Sinne...
Der August verlief anfänglich größtenteils normal. Ausflüge mit der Gruppe, Arbeiten auf der Farm und im Stall in Beit Elisha und im Wald um den Wald schnellstmöglich wieder in Gang zu bekommen und bewohnbar zu machen. Mitte August wurde der August dann phänomenal. Das fing damit an, dass ich mit einem Mädchen aus der Sommergruppe spontan nach Eilat gefahren bin und ein paar Tage dort verbracht habe. Dabei war es zwar wunderschön das Rote Meer zu sehen und auch mal im südlichsten Süden von Israel gewesen zu sein, aber nach Eilat zieht es mich kein zweites Mal. So viel protzigen Tourismus habe ich nicht mal in Tel-Aviv erlebt. Aber dafür ist ein weiterer Punkt auf meiner Israel Karte damit geschafft und eine Menge an Spaß auch.

(Eilat mit Blick auf Jordanien/August 2017)

Kurz danach ist auch die Sommergruppe gegangen und ich habe meine Schwester abgeholt die mich hier für zwei Wochen besucht hat, mit meiner besten Freundin, die etwas später gekommen ist. Ich hatte dann also über zwei Wochen Ferien und habe versucht meinen Gästen wenigstens das Wichtigste in Israel zu zeigen. Ich bin mit Hanna also in Haifa gewesen, wir haben uns das kleine Konzert von Harduf in unserem kleinen Pub angehört (sehr anthroposophisch) und dann kam auch schon Min-Dju mit ihrer Mutter nach Harduf.
Es ist komisch plötzlich sein altes Leben im Neuen wiederzufinden. Als würde man plötzlich eine Brücke bauen. Von einem Ende zum Anderen.
Min-Dju, Hanna und ich. Wir sind dann zu dritt erst einmal ein paar Tage nach Jerusalem gefahren. Und endlich endlich habe ich die Altstadt von Jerusalem gesehen und alle Heiligtümer drum herum. Ich war schon vorher ein paar Mal in Jerusalem, aber immer nur in anderen Ecken und habe mir diesen besonderen Besuch noch für den Moment mit viel Zeit aufgehoben. Und das war es auch wert!
Wir haben uns erst mal ein super günstiges Hostel direkt in der Altstadt geschnappt, bei dem man auf dem Dach übernachten konnte und die beste Aussicht überhaupt hatte. Ein paar Schritte und man stand direkt auf dem Markt, zwischen den Ständen, auf lauten Stimmbändern von den verschiedensten Angeboten aus allen Richtungen. Enge Gassen zum verlaufen (ich hatte bis zum Schluss keine Orientierung) und ein Geruch nach dem Anderen.
Wir sind die gesamte Altstadt abgelaufen, von einer Ecke zur Anderen. Vom arabischen zum christlichen zum jüdischen und zum armenischen Viertel, haben uns die Klagemauer angeschaut und uns zu den klagenden Frauen dazu gesetzt und sind auf den Tempelberg gegangen mit Felsendom und Al-Aqsa Moschee und das sogar zweimal, weil es uns so gut gefallen hat.

(Altstadt von Jerusalem/August 2017)
(Klagemauer/August 2017)
(Al-Aqsa Moschee/August 2017)   
(Felsendom/August 2017)

(Jaffa-Gate/August 2017)

(Hanna (li.) und ich/August 2017)

Die Grabeskirche und andere kleinere Kirchen haben wir auch besucht und dann habe ich die beiden sogar noch zum Yad Vashem, zum Holocaust Museum mitgenommen, welches sehr beeindruckend war. Ich hatte vorher nur einen kleinen Teil des Museums gesehen und kannte demnach die komplette Ausstellung auch gar nicht. Und mit viel Zeit und Geduld und einem offenen inneren Raum sind wir alleine zusammen mehrere Stunden durch das Museum gestreift und haben uns mit der Vergangenheit und ein Stück Gegenwart beschäftigt und natürlich hat die Zeit nicht gereicht, aber die Geballtheit der Informationen.
Wir haben Jerusalem noch um einen Tag verlängert und sind dann weiter zum Toten Meer gefahren nach En Bokek, ein Platz voller Hotels und Tourismus Mitten in der Wüste, aber da wir am Strand schlafen wollten und mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs waren, blieb unsere Wahlmöglichkeit eher eingeschränkt. Zudem sinkt das Tote Meer immer weiter ab und es gibt nicht mehr so viele Stellen an die man ans Wasser kann, ohne dass man einbricht.
Es war heiß, sonnig und ganz schön salzig. Und wunderschön!
Wir haben es dann aber doch nicht so lange dort ausgehalten. Vielleicht weil wir nicht wissen wie man entspannt und nur in der Sonne liegt und nichts tut, oder vielleicht weil wir nach den ganzen Tagen schon ein bisschen erschöpft waren. Gute getan hat es trotzdem. Und mein Buch gelesen hab ich auch. Liegend auf dem Wasser. Getragen vom Salz.
Am 27.8.2017 ein Tag vor meinem 21. Geburtstag sind wir morgens nach Tiberias und zum See Genezareth gefahren und dann direkt weiter in den Norden in die nördlichen Golan Berge Richtung Mount Hermon.
Ganz spontan und einfach so. Weil wir einmal nach Syrien gucken wollten. Und was ist besser an einem 21.Geburtstag als die Aussicht auf ein bisschen Krieg zu beobachten...
Der Hermon liegt im Grenzbereich zwischen Syrien, Libanon und Israel und ist der höchste Berg Syriens und durch den besetzten Teil durch Israel, auch Israels. Außer dem Israelischen Militär, liegt an der Spitze ein UN-Stützpunkt und da dort oben in den Golan Höhen der einzige Ort ist, wo im Winter auch mal Schnee fällt, ist es zudem ein kleines Wintersportgebiet.
Wir, also ganz spontan über Tiberias in den Norden. Fröhlich und abenteuerlustig. Und nachdem wir mit dem Bus die ganzen kleinen Städtchen abgefahren sind, sind wir ganz zum Schluss in dem nördlichsten Städtchen Majdal Shams gelandet, welches für uns zugänglich war. Eine kleine Drusen Stadt, ehemals eigentlich Syrien aber seit 1967 besetzt durch Israel und einer meiner Lieblingsplätze in Israel. Total offene und herzliche Menschen und eine gute Gelegenheit in die Kultur der Drusen einzutauchen. Spontan wie wir waren haben wir irgendwie umsonst die eine Nacht in einem Hotel übernachten können, welches voll von angeheuerten israelischen Soldaten war. Im Endeffekt haben wir auf diesem Abenteuer in einem Musikladen nebenan den ganzen Abend Musik gemacht, uns über die Identitätsfrage der Drusen dort unterhalten, welche als syrische Bürger bezeichnet werden mit permanentem Aufenthalt in Israel und nur wenige jetzt übergegangen sind in „Israelischer Bürger“ und viele andere nette Menschen kennen gelernt, meinen Geburtstagssekt am Abend im Hotel getrunken, mich dabei noch mal schnell verliebt und damit einen der wichtigsten Menschen in meinem Leben gefunden und am nächsten Morgen rauf zum Hermon gegangen und auf Syrien geguckt und dessen Dörfer bewundert.
Aber meine Geburtstagsaussicht an dem Tag war ruhig und sonnig. An vielen anderen Tagen, oder auch wenn man ein bisschen länger sitzen bleibt als ich, kann man die Raketen sehen und hören die von dem einen syrischen arabischen Dorf in das andere syrische Drusendorf fliegen.
Aber so saßen wir auf wackeligen syrischen Steinen zwischen Militärstützpunkten und Soldaten und Panzern und plötzlich war ich ein Jahr älter. Ohne grau zu werden. Und ohne mein Gleichgewicht zu verlieren.

(Majdal Shams/August 2017)
(Mt. Hermon - Aussicht auf Syrien/August 2017)
Der August Endete dann damit, dass Hanna wieder zurück geflogen ist und ich mit Min-Dju noch Abschlusstage in Tel-Aviv verbracht habe, bevor sie dann auch zurück geflogen ist und ich wenige Tage später, Anfang September zurück in den Wald ziehen durfte und mein letzter Monat begann.

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