Mittwoch, 30. November 2016

Feste/Feiertage

Ich bin im September zu einer speziellen Zeit nach Israel gekommen, denn Ende September/Anfang Oktober sind einige jüdische Feste und Feiertage, die ich gerne noch etwas erklären und beschreiben möchte.
 
Ich bin direkt zu Rosh Hashana, dem jüdischen Neujahrsfest angekommen, welches dieses Jahr am Montag den 3.Oktober (2016) war. Rosh Hashana geht zwei Tage lang und ist der Beginn der 10 ehrfurchtsvollen Tage, welche dann mit Yom Kipur enden, dem zweiten Fest welches ich miterleben durfte. An Rosh Hashana wird das alte Jahr auf allen Ebenen abgeschlossen, Bilanz gezogen und alles schlechte hinter sich gelassen und mit neuer Energie nach vorne geblickt.
Wie bei jedem Fest besteht die Vorbereitung darin, dass alles festlich in Weiß geschmückt wird, alles sauber gemacht wird, inklusive das Waschen der weißen Kleidung und zusammen gekocht wird und man sich innerlich auf das Fest besinnt und auf den Gedanken dahinter.
Ich hab Rosh Hashana hier im Wald mit ein paar Leuten aus dem TEN-Projekt und mit der Familie und Freunden von meiner Hebräisch Lehrerin verbracht. Es gab ganz traditionell Apfel in Honig. Dabei steht der Apfel für das neue Leben im nächsten Jahr und der Honig dafür, dass das neue Leben/Jahr süß sein möge. Anschließend wurden Segenswünsche ausgesprochen.

Yom Kipur, der Versöhnungstag ist der höchsten Feiertage im jüdischen Jahr und kann deshalb auch auf einen Shabbat fallen, alle anderen Feiertage werden interessanter Weise verschoben, wenn sie auf einen Shabbat fallen. (Shabbat, also Samstag ist hier der heilige- und Ruhetag wie für uns der Sonntag. Die Arbeitswoche geht dementsprechend auch von Sonntag-Donnerstag)
Dieses Jahr fiel Yom Kipur auf den 12.Oktober (2016). Darum herum hatten wir auch noch einige Tage Ferien.
Der Versöhnungs- und Reuetag ist ein strikter Ruhetag. In der Regel wird 25 Stunden komplett gefastet und auch das komplette jüdische öffentliche Leben steht still und keiner bewegt sich und die einfachsten Dinge wie Musik hören oder auch schreiben wird nicht gestattet bzw wird in der Öffentlichkeit nicht gerne gesehen.
Es war ganz interessant zu sehen, dass sogar die nicht so religiösen Juden diesen Tag sehr ernst nehmen, sodass sogar ich den Tag mit Fasten verbracht habe. Am Abend gab es dann ein großes Fastenbrechen um ein Feuer herum, sowie ein circle bei dem jeder ein Stein ins Feuer geworfen hat mit einer Versöhnungsbitte an eine bestimmte Person.

Das letzte Fest, Sukkot, startet 5 Tage nach Yom Kipur und geht 7 Tage. Zu Sukkot wird eine Sukkah gebaut, also eine Laubhütte in welcher in der Zeit von Sukkot immer gegessen wird und in welcher in unserem Fall auch unsere Meetings abgehalten wurden. Ich hab den Vorabend zu Sukkot in Beit Elisha verbracht und gefeiert. Es wurde das halbe Kibbutz eingeladen und es gab einige Programmpunkte mit singen und musizieren und natürlich ein gigantisches essen. Später haben wir noch im Wald in unserer eigenen Sukkah etwas gefeiert, sowie am nächsten Tag dort ein tolles Brunchen veranstaltet.

Für mich sind die ganzen Feste was komplett Neues, da ich vorher nie Ahnung hatte von den jüdischen Festen und deren Traditionen. Aber ich bin jetzt schon positiv überrascht von der Art, wie hier gefeiert wird.

Sonntag, 23. Oktober 2016

Meine Arbeit

Jetzt bin ich schon drei Wochen hier und kann langsam sagen, dass ich jeden Tag ein Stückchen mehr ankomme.
Ich gewöhne mich daran mit so vielen Menschen auf engstem Raum zu leben und versuche jeden von den Menschen hier besser kennen zu lernen.
Ich genieße das Leben im Wald und gewöhne mir an Barfuß zu laufen.
Ich genieße immer noch die Wärme, auch wenn es jetzt langsam Abends und Nachts ganz schön kalt wird. Und ich merke, dass ich hier ein anderes Leben führe. Es ist nicht so einfach Kontakt zu seinem bisherigen Leben zu halten, weil mein Leben jetzt einen völlig anderen Rhythmus hat und für mich andere Dinge wichtiger geworden sind. Aber es ist gut so, denn zum ersten Mal bin ich mir selber wichtig und versuche meinen Fokus auf das zu legen was mir gut tut und was mich glücklich macht.

Nun aber mal aber eine Kurzfassung über meine Arbeit, die einen Großteil meines Tages einnimmt und die so wichtig ist.
Meine Woche ändert sich immer und ist sehr abwechslungsreich.
Grundlegend sind für mich aber Sonntag, Montag und Donnerstag Schultage. Dienstag ist Waldtag und Mittwoch verbringen wir in Beit Elisha.

Wir sind in verschiedene Schule aufgeteilt und ich bin mit 5 anderen in der arabischen Grundschule in der arabischen Stadt Ka'abiyya und unterrichte dort Englisch. Die fangen dort in der 3.Klasse mit dem Englischunterricht an und wir unterrichten die 3.,4. und 6. Klasse.
Entweder sind wir in der ganzen Klasse dabei und helfen bei den Aufgaben oder wir bekommen einzelne Schüler oder Kleingruppen zugeteilt und bearbeiten die gestellten Aufgaben mit den Kindern zusammen.
Die Schule selber ist total primitiv und fast schon ein bisschen trostlos. Ein Steingebäude mit Gittern vor den Fenstern und innen asphaltierter Boden. Stahlbänke zum sitzen und das Lehrerzimmer besteht aus einem Tisch, einem Waschbecken und kleinem Herd zum Kaffee kochen und Holzkisten, die als Fächer für die Lehrer dienen sollen. Die kleineren Kinder haben ihr Klassenzimmer draußen in einem Container, die größeren in den simplen Klassenräumen drinnen. Die Lehrerinnen sind sehr unterschiedlich angezogen. Von langem Gewand und Kopftuch bis Hautenge Jeans, High Heels und viel Schminke.
Einzige Pflicht in der Schule ist Schultern und Knie bedeckt zu haben, was nun wirklich kein großer Aufwand ist.
Ich kann Problemlos mit meinem Kreuz um den Hals umher laufen und ich-sein.
Für die Kinder ist es wichtig, dass wir da sind. Wir bringen ein Stück aus unseren Welten in deren Welt und machen ihre Welt ein Stückchen bunter. Zeigen ihnen eine andere oder auch neue Vielfältigkeit. Und das ist schön und macht sehr viel Spaß, denn die Kinder sind so lieb und dankbar wenn man ihnen Aufmerksamkeit schenkt. Es ist wichtig zu zeigen, dass wir zwar einer anderen Kultur angehören aber trotzdem friedlich miteinander umgehen können. Und ich lerne selber jeden Tag so viel dazu, dass ich erfüllt bin von so viel guten Ereignissen.

Der Waldtag besteht darin, dass hier am Grundstück gearbeitet wird und neues aufgebaut wird. In den letzten Jahren hat sich die Begegnungsstätte schon extrem weiter entwickelt, aber es gibt noch genügend zu tun und genügend Ideen, die verwirklicht werden wollen. Zudem ist auch einiges an Arbeit nötig um den Ort zu pflegen und zu erhalten.

Der Tag in Beit Elisha ist auch ein wichtiger Bestandteil. Beit Elisha ist die Einrichtung für Menschen mit besonderen Bedürfnissen, bestehend aus mehreren Häusern.
Es gibt mehrere Workshops unter anderem eine Papierwerkstatt, Küche, Keramikwerkstatt, Stallarbeit und Gartenarbeit. Ich bin in der Gartenarbeit dabei, was ich sehr genieße weil ich dann draußen arbeiten kann. In meinem Workshop sind bis zu 10 Menschen mit einer Behinderung und einige Co-worker. Es gibt mehrere Gartenbereiche, aber bis jetzt war ich nur in einem.
Wir pflanzen unter anderem Kohlrabi und Salat und Brokkoli an und legen Bewässerungssysteme an. Der Tag mit den Menschen aus Beit Elisha ist die beste Möglichkeit Hebräisch zu lernen, denn einige von denen können auch englisch und sind geduldig genug dir immer wieder die richtigen Wörter auf hebräisch zu sagen. Ich lerne also an jeder Ecke etwas dazu.

- Und plötzlich beginnt der Gesang der Muezzin. Erst von der einen, dann von der anderen Seite.
Welt wird still...
und lauscht.
Schallend hallt der Ruf wieder und die Zeit verlangsamt ihre Schritte.
Schließe die Augen, um zu verstehen
und fange an zu lächeln, um nicht zu vergessen.


 Gruppenbild in unserer selbst gebauten Sukkah für Sukkot

Freitag, 7. Oktober 2016

Zuhause

Eine Woche bin ich jetzt hier und ich hab schon so viele neue Dinge erlebt. Mein Kopf ist gefüllt von Farbklecksern die zu Erinnerungen gehören. Für jede Farbe ein neuer Geruch, ein neuer Geschmack und für jede Farbe ein neuer Mensch. Da ich hier ein Jahr bleibe, muss ich wohl mein Farbspektrum erweitern.
Ich sitze hier mitten im Wald umgeben von Bäumen, Zelten und Hütten und schaue der Sonne dabei zu wie sie ihr Licht abgibt. Spüre unter meinen nackten Füßen die leichte Erde liegen und höre den Bäumen beim atmen zu.

Harduf ist ein Kibbuz auf einem kleinen Hügel zwischen arabischen Dörfern. Und wenn ich sage dass es wie eine jüdische-waldorf-anthroposophen Gemeinschaft ist, dann meine ich das im positiven Sinne. In Harduf selber gibt es eine Waldorfschule, Kindergarten, eine Einrichtung für seelenpflegebedürftige Menschen („people with special needs“), eine Einrichtung für Kinder und Jugendliche aus zerbrochenen Familien, Theaterschule/kurse, biologisch-dynamische Landwirtschaft, ein kleines Restaurant, Laden, Pool, Pub, einen schönen „Meditationsgarten“ und und und.
Ich selber wohne am Rand von Harduf im Wald in Sha'ar la Adam – Bab li'l Insan.
Hier im Wald gibt es zum einen weiter oberhalb die Steinhütten, in denen die TEN-Leute wohnen und zum anderen etwas weiter unten die Tipis und Zelte, in denen die 'Waldmenschen' wohnen.
Das Ten-Projekt bietet jungen Leuten aus aller Welt die Möglichkeit für 5 Monate hier zu sein und in den arabischen Schulen englisch zu unterrichten, sowie einen Tag in der sozialen Einrichtung zu verbringen und einen Tag im Wald und in dem kleinen Garten zu arbeiten, den es hier gibt. Unabhängig davon finden noch viele weitere Dinge statt, wie z.B arabisch und hebräisch Unterricht oder auch biografisches Arbeiten und Ausflüge.
Ich mach alles mit was die TEN-Leute auch mit machen, auch wenn ich ein Jahr bleibe und somit zwei Gruppen mit erlebe und von einer anderen Organisation komme.
Die 'Waldleute' sind zum Teil Studenten und sind demnach für länger hier.
In den Steinhütten in denen die TEN-Leute und ich schlafen, stehen Hoch(betten) ausgelegt für 5 Personen. Ansonsten ist in den Hütten nichts groß. Es gibt noch eine große Küche, mit Kühlschrank und Herd. Draußen liegen Matratzen zum sitzen und auch eine Hängematte baumelt zwischen den Bäumen. Weiter unten gibt es zwei Holzschabracken. In der einen sind Duschen, Waschbecken und sogar eine Waschmaschine und in der anderen die Plumpsklos, die wir einmal die Woche leeren dürfen. Eine Slagline hängt auch zwischen den Bäumen, sowie eine große Theaterbühne und einen kleinen Garten gibt es auch im Wald. Eine Feuerstelle mit aufgespannten Lichtern an den Bäumen ist auch angelegt und ist immer ein guter Ort um den Abend ausklingen zu lassen.

Und was tun wir alle hier ausser unserer Arbeit?
Uns selber finden, irgendwo zwischen den Bäumen, den Menschen und den Sprachen. Irgendwo zwischen Zwischenräumen, die in der knisternden Luft schweben. Antworten suchen gehen auf unsere schreienden Fragen. Helfen zu vermitteln. Das bestehende aufrecht erhalten. Den Dialog zwischen den Kulturen fördern um den Friedensprozess in Israel zu unterstützen und einfach nur zu SEIN. Denn das ist etwas was man hier darf, ohne komisch angeguckt zu werden. 





Mittwoch, 28. September 2016

Vorbereitung

Nun ist es so weit und Morgen, am Donnerstag (29.9), geht mein Flug nach Israel. Mein Dienst geht offiziell vom 1.10.2016 bis zum 31.8.2017.
Jetzt bin ich noch schnell dabei, die letzten Sachen zu organisieren und zu packen, da mein Flug jetzt doch sehr kurzfristig gebucht wurde, aber es wird schon alles klappen.

Ich war vom 13.9 – 22.9 noch auf einem Vorbereitungsseminar in Engen, in der Nähe des Bodensees, was einfach toll war.
Ich habe noch nie so ein gutes und intensives Seminar erlebt wie dieses. Die Themen waren so vielseitig und wichtig, dass es einfach Spaß gemacht hat.
Erwartungen/Ziele/Wünsche wurden besprochen, diverse Orga Punkte geklärt, Themen wie Konflikte, Privilegien, Medizinisches, Stereotypen, Anthroposophie und Waldorf besprochen und diskutiert und viel biografisch gearbeitet, sowie Feedback-Gespräche am Ende in Gruppen ermöglicht. Und ich habe bestimmt jetzt noch einiges vergessen.
Ich hab in den letzten Tagen so viel gelernt wie lange nicht mehr. So wundervolle Menschen getroffen, von denen jeder auf seine Art wirklich total eigen und besonders ist und ich bin so euphorisiert von den Begegnungen die ich machen durfte. Ich glaube, ich habe noch nie zuvor Menschen, von denen ich mich gerade erst verabschiedet habe so sehr innerhalb der letzten Tage vermisst, wie jetzt.
Wenn man sich 10 Tage intensiv mit Leuten beschäftigt, welche im Moment den gleichen Lebensabschnitt gehen, dann ist es wohl auch kein Wunder, dass man nach dieser intensiven Zeit im Zug sitzt und eigentlich jeden Kilometer den man sich zurück nach Hause bewegt, wieder zurück laufen möchte, um wieder in der kleinen eigenen Blase sein zu können, bei der man sich so wohl gefühlt hat, mit all den Leuten. Oder dass man sich Abends vorstellt wie man zusammen sitzt, Bierchen trinkt und Tischkicker spielt und an die schönen Abende zurück denkt.
Ich bin bei mir noch mal ein ganzes Stück weiter gekommen. Weiß jetzt mehr was mir wichtig ist und was ich mir wünsche. Habe über mich und mein Leben nachgedacht/nachdenken müssen und sicher die beste Vorbereitung genossen, die ich kriegen kann.
Ich habe viele schöne Dinge aus dem Seminar mitgenommen. Zum einen ein Notfall-Paket, in dem diverse schöne Dinge sind, wie 'Wohlfühltee' und 'Gutelaune Songs', sowie von fast jedem einen Satz, der mir den Rücken stärkt, wenn es mal nicht so gut läuft. Und zum anderen das „Buddy-Prinzip“. Jeder hat eine persönliche gegenseitige Buddy-Freundschaft geschlossen, also hat jemanden, der immer für einen da ist, unabhängig von dem normalen Freundeskreis, den man zu Hause hat und eben jemand der gerade das 'gleiche' Jahr durchmacht, wie man selber.

Ich bin also mehr oder weniger gut gewappnet für das Jahr, auch wenn der Anfang dann sicher trotzdem ein Sprung ins kalte Wasser wird.

Samstag, 10. September 2016

Warum Israel:


Es gibt mehrere Gründe, wieso ich mich ausgerechnet für Israel entschieden habe.
Zum einen, weil ich sehr gerne den Austausch zwischen den verschiedenen Kulturen, die in Israel leben, kennenlernen und unterstützen möchte und zum anderen weil ich Menschen begegnen und neue Sprachen entdecken und an einem Ort mitwirken möchte, der besonders und vielfältig ist.

Ich möchte meine Grenzen erkennen und austesten, mich und ein Leben außerhalb der kompfortzone Deutschlands kennen lernen und sehen was die Welt so für mich bereit hält.
Weg vom Brüllen des Großstadtlebens und mit beiden Beinen auf der Erde stehen.
Ich will auch meinen Beitrag für die Welt leisten, um Leben ein Stückchen besser zu machen, bevor ich mich entscheide, wie es für mich weiter geht. 
Ab - von seinem Bekanntenkreis sein und ein bisschen innere Stille und Ruhe finden.
Mich auf das einlassen, was auf mich zu kommt und mich dahin führen lassen, wohin mein Instinkt mich bringt. Dinge begreifen, die ich bis jetzt nicht verstehen konnte und mich näher an die Antworten herantasten, deren Fragen so laut im Raum schweben.

Ich denke Israel ist vielleicht noch ein Ort auf der Welt, bei dem die alten Wurzeln spürbar sind, ein Ort, den es sich lohnt zu besuchen.