März:
Der
März wurde dann wieder besser. Nicht nur von meiner Stimmung,
sondern auch weil ich schöne Momente erleben durfte und schöne
Begegnungen gemacht habe. Kleine Momente zwischendrin die mir doch
immer wieder den Tag versüßen. So haben wir diesen Monat unter
anderem am 11.3-12.3 das Fest “Purim” gefeiert. (“Purim ist ein
Fest, das an die Errettung des jüdischen Volkes aus drohender Gefahr
in der persischen Diaspora erinnert. Nach dem Buch Ester versuchte
Haman, der höchste Regierungsbeamte des persischen Königs, die
gesamten Juden im Perserreich an einem Tag zu ermorden. Königin
Ester führt jedoch durch Fasten und Gebet die Rettung herbei.”).
Vorher hatten wir eine kleine Purimfeier hier im Wald. Wir haben eine
Woche vorher Namen gezogen und sollten besonders nett zu dieser
Person sein und dann an dem Tag gab es für jeden von der geheimen
Person ein kleines Geschenk. Eine kleine Geste, die viel Spaß in die
ganze Gruppe reinbrachte. An Purim direkt war ich dann ein paar Tage
in Tel-Aviv und habe einige Zeit mit der Hälfte meiner neuen Gruppe
verbracht, was sehr schön und gut war. Zudem ist in Tel-Aviv auch
eine ganze Menge los an Purim. Der Brauch ist es nämlich sich zu
verkleiden und auf große Paraden zu gehen. Im Prinzip wie Karneval.
Und wie es typisch für Israel ist bin ich plötzlich Bekannten aus
Deutschland und Freiwilligen aus dem Zwischenseminar über den Weg
gelaufen und habe nette neue Begegnungen gemacht.
Und
dann wenige Tage später bin ich mit meiner Gruppe auf ein Wüsten
Seminar gegangen, was von Masa ausgegangen ist, der Organisation,
welche die jüdischen Leute hier unterstützt und ich durfte mich mit
schleichen. Wir waren also mit anderen jungen jüdischen Leuten
(Amerikanern) aus anderen Programmen hier in Israel zusammen für ein
paar Tage unterwegs und das war bis jetzt eines der besten Dinge.
Nicht nur weil ich das erste Mal richtig Zeit in der Wüste verbracht
habe, sondern auch weil unser Programm so vielfältig und interessant
war.
Steppe.
Wüste. Brauner Stein. Vereinzelt grüne Büsche. Hügelige
Landschaft. Steinig und trocken. Ausgedörrt obwohl es Frühling ist.
Kleine Containersiedlungen in Abständen. Hirten mit ihren Schafen
und Ziegen überall auf der Jagd nach dem bisschen Grün was jetzt im
Frühling hervorgesprossen ist. Vollverschleierte Frauen. Pferde.
Kamele. Keine Spur von Elektrizität oder Wasser. Ein kaputter Panzer
steht verwahrlost herum. Müll liegt herum. Unterstände und Gehege
mit Blechdecken spärlich abgedeckt. Kleidung auf einer Leine am
trocken. Stillgelegte Fabriken. Wüstenstein leuchtet in Gelb, Braun,
Grau und Rot mit scharfen Kanten in der prallen Sonne.
Militärhelikopter brettert über meinen Kopf hinweg und Überbleibsel
von allen Möglichen Gebilden sind zu sehen. Leben der
Beduinen-Araber!
(Eines
der vielen nicht registrierten Settlements von den Beduinen-Araber)
(Negev)
Die
Wüste ist so still...Friedfertig! Ich will einfach hier sein. In der
Sonne sitzen, den Wind auf meinem Körper spüren und warten bis die
Ruhe von außerhalb in mein rastloses, verwirrtes Herz findet und
mich umhüllt.
Angefangen
haben wir unser Seminar in dem wir eine Fahrradtour in der Gegend von
Nitzana gemacht haben, einem kleinen Ort im Westen der Wüste, nicht
weit vom Gazastreifen entfernt und ziemlich direkt an der Grenze zu
Ägypten.
Zudem
haben wir einige Zeit in einem Flüchtlingscamp verbracht und uns
dort die Geschichten von Menschen Größtenteils aus Afrika (Meist
Sudan) angehört, welche nach Israel geflüchtet sind und uns erzählt
haben wie deren Lage nun aussieht und wie Israel mit Flüchtlingen
umgeht. Und da dieses Camp auch schon Mitten in der Wüste im
Nirgendwo ist, kann man sich wahrscheinlich denken, wie Israel
generell dazu steht...
(Nitzana,
März 2017)
Weiter
ging es nach Arad, einer Stadt auf der Ostseite des Negev, wo wir am
nächsten Tag etwas entfernt von der Stadt 8 Stunden lang Richtung
totes Meer in der Wüste auf dem Tzuk Tamrur trail wandern waren. Ein
unvergessliches und schönes Erlebnis!
(Aussicht
aufs Tote Meer, Tzuk Tamrur trail)
(Tzuk
Tamrur trail, März 2017)
Am
letzten Tag haben wir uns noch mit Salima, einer Beduinen Frau in
einer der Beduinen-Communities getroffen, die uns ein ziemlich
genauen Einblick in ihr Leben als Frau und als Feministin unter den
Beduinen und Arabern gegeben hat. Dazu muss man etwas ganz wichtiges
über den verschiedenen Standard und die Einteilung der Araber in
Israel wissen, was auch mit der komplexen und schwierige
Identitätsfrage hier zu tun hat und was ich glaube ich noch gar
nicht richtig erklärt habe. Ganz grob gesagt (es gibt immer kleinere
Ausnahmen) jeder „Bürger“ Israels ist Israeli. (Palästina und
Palästinenser mal ganz rausgelassen, das wird dann nur noch
komplizierter). Dann haben wir aber ja die große Spanne zwischen den
Arabern und den Juden (beides aber Israeli). Die Araber sind von der
Religion auch noch mal gesplittet in Moslems und ein kleiner Teil an
Christen und Drusen. So weit so gut, aber viel wichtiger um das Leben
hier etwas besser zu verstehen ist, dass man unterscheidet zwischen
den Arabern die in all den (Groß-)Städten wohnen (überwiegend
keine Beduinen) und dann den Beduinen-Arabern im Norden und den
Beduinen-Arabern im Süden.
Nach
dieser Reihenfolge wird ein bisschen auf einander abgeschaut und der
Lebensstandard zeigt es am besten. Ich habe mit den Beduinen-Araber
im Norden zu tun. Und obwohl die Beduinen in der arabischen Welt eine
Minderheit sind, sind die Unterschiede zwischen Nord und Süd doch
sehr groß. Beduinen im Norden haben überwiegend Geld, stattliche
Autos und Häuser. Schicken ihre Kinder zur Schule und sogar Frauen
haben mehr Freiheiten. Die Beduinen im Süden leben in den
Blechbaracken, wie man auf dem Foto weiter oben sehen kann. Oft keine
Elektrizität und Schwierigkeiten an Wasser zu kommen. Kinder helfen
im Haushalt und mit der Arbeit mit und gehen nicht zwingend zur
Schule, oder nicht nach der 6.Klasse. Das Leben ist härter in der
Wüste, selbst wenn die Beduinen nicht mehr herum ziehen. Frauen sind
immer noch abhängig von den Gesetzen und dem Wort der
Stammesführung, obwohl diese theoretisch natürlich keine Gültigkeit
besitzen. Dort Feministin zu sein bedeutet einen Mann zu haben der
einen unterstützt, sodass man die Kinder auch nach der 6.Klasse noch
in die Schule schicken kann und seine Kinder im Haus so erzieht, dass
sie offen und stark genug sind vielleicht eines Tages in der Stadt
arbeiten zu können.
Nach
dem wir Salima besuchen waren, sind wir nach Dimona gefahren, haben
dort eine kleine Tour gemacht und haben dann dort die Black Hebrew
Community besucht. Auch eine sehr interessante Begegnung. Die
Community besteht aus Afroamerikanern, die glauben dass sie von den
antiken Israeli abstammen und praktizieren demnach ein Mischmasch aus
Christentum und Judentum. Sie werden als Hebräer bezeichnet, werden
aber überwiegend nicht anerkannt. Eine ganze Menge an Hebräer und
Communities leben immer noch in Amerika, was der Grund ist wieso die
Hebräer in Israel überwiegend auch Englisch sprechen und die Kinder
dort ihre eigene Sprache aus Englisch und Hebräisch kreiert haben.
Beeindruckend in der Community ist der strikte Veganismus und die
Idee nur natürliches verwenden zu dürfen und tragen zu wollen.
Insgesamt
habe ich einige vielfältige neue Seiten von Israel gesehen, die es
mir Möglich machen das Land nochmal besser zu verstehen.
Ansonsten
ist im März noch Panni, meine ungarische Mitbewohnerin wieder zurück
gegangen, sodass ich seit dem den Raum für mich alleine habe. Einen
kleinen Stimmungseinschlag gab es, als die Leute vom Feuerschutz hier
waren und angefangen haben den Wald Rot zu markieren. Sha'ar laAdam
ist nun mal kein natürlicher Wald, sondern besteht aus gepflanzten
Pinien, die nun mal gerade hier sehr gefährlich sind, wenn sie
dichter als 10 Meter zueinander stehen. Das heißt ca. 80% von
unseren Bäumen müssen gefällt werden, was eine ganze Menge ist!
Wir sind also zwischendurch immer wieder am fällen. Und natürlich
werden wir hier andere Bäume und Obstbäume anpflanzen, aber das
braucht eben seine Zeit.
Aber
wir haben nun auch ein kleines Gewächshaus hier im Wald aufgebaut,
wo wir selber Setzlinge ziehen können. Es tut sich also rundherum
etwas, wenn auch Schritt für Schritt.
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