Sonntag, 4. Juni 2017

Ausschnitt aus März

März:
Der März wurde dann wieder besser. Nicht nur von meiner Stimmung, sondern auch weil ich schöne Momente erleben durfte und schöne Begegnungen gemacht habe. Kleine Momente zwischendrin die mir doch immer wieder den Tag versüßen. So haben wir diesen Monat unter anderem am 11.3-12.3 das Fest “Purim” gefeiert. (“Purim ist ein Fest, das an die Errettung des jüdischen Volkes aus drohender Gefahr in der persischen Diaspora erinnert. Nach dem Buch Ester versuchte Haman, der höchste Regierungsbeamte des persischen Königs, die gesamten Juden im Perserreich an einem Tag zu ermorden. Königin Ester führt jedoch durch Fasten und Gebet die Rettung herbei.”). Vorher hatten wir eine kleine Purimfeier hier im Wald. Wir haben eine Woche vorher Namen gezogen und sollten besonders nett zu dieser Person sein und dann an dem Tag gab es für jeden von der geheimen Person ein kleines Geschenk. Eine kleine Geste, die viel Spaß in die ganze Gruppe reinbrachte. An Purim direkt war ich dann ein paar Tage in Tel-Aviv und habe einige Zeit mit der Hälfte meiner neuen Gruppe verbracht, was sehr schön und gut war. Zudem ist in Tel-Aviv auch eine ganze Menge los an Purim. Der Brauch ist es nämlich sich zu verkleiden und auf große Paraden zu gehen. Im Prinzip wie Karneval. Und wie es typisch für Israel ist bin ich plötzlich Bekannten aus Deutschland und Freiwilligen aus dem Zwischenseminar über den Weg gelaufen und habe nette neue Begegnungen gemacht.

Und dann wenige Tage später bin ich mit meiner Gruppe auf ein Wüsten Seminar gegangen, was von Masa ausgegangen ist, der Organisation, welche die jüdischen Leute hier unterstützt und ich durfte mich mit schleichen. Wir waren also mit anderen jungen jüdischen Leuten (Amerikanern) aus anderen Programmen hier in Israel zusammen für ein paar Tage unterwegs und das war bis jetzt eines der besten Dinge. Nicht nur weil ich das erste Mal richtig Zeit in der Wüste verbracht habe, sondern auch weil unser Programm so vielfältig und interessant war.
Steppe. Wüste. Brauner Stein. Vereinzelt grüne Büsche. Hügelige Landschaft. Steinig und trocken. Ausgedörrt obwohl es Frühling ist. Kleine Containersiedlungen in Abständen. Hirten mit ihren Schafen und Ziegen überall auf der Jagd nach dem bisschen Grün was jetzt im Frühling hervorgesprossen ist. Vollverschleierte Frauen. Pferde. Kamele. Keine Spur von Elektrizität oder Wasser. Ein kaputter Panzer steht verwahrlost herum. Müll liegt herum. Unterstände und Gehege mit Blechdecken spärlich abgedeckt. Kleidung auf einer Leine am trocken. Stillgelegte Fabriken. Wüstenstein leuchtet in Gelb, Braun, Grau und Rot mit scharfen Kanten in der prallen Sonne. Militärhelikopter brettert über meinen Kopf hinweg und Überbleibsel von allen Möglichen Gebilden sind zu sehen. Leben der Beduinen-Araber!
(Eines der vielen nicht registrierten Settlements von den Beduinen-Araber)

(Negev)
Die Wüste ist so still...Friedfertig! Ich will einfach hier sein. In der Sonne sitzen, den Wind auf meinem Körper spüren und warten bis die Ruhe von außerhalb in mein rastloses, verwirrtes Herz findet und mich umhüllt.
Angefangen haben wir unser Seminar in dem wir eine Fahrradtour in der Gegend von Nitzana gemacht haben, einem kleinen Ort im Westen der Wüste, nicht weit vom Gazastreifen entfernt und ziemlich direkt an der Grenze zu Ägypten.
Zudem haben wir einige Zeit in einem Flüchtlingscamp verbracht und uns dort die Geschichten von Menschen Größtenteils aus Afrika (Meist Sudan) angehört, welche nach Israel geflüchtet sind und uns erzählt haben wie deren Lage nun aussieht und wie Israel mit Flüchtlingen umgeht. Und da dieses Camp auch schon Mitten in der Wüste im Nirgendwo ist, kann man sich wahrscheinlich denken, wie Israel generell dazu steht...
(Nitzana, März 2017)
Weiter ging es nach Arad, einer Stadt auf der Ostseite des Negev, wo wir am nächsten Tag etwas entfernt von der Stadt 8 Stunden lang Richtung totes Meer in der Wüste auf dem Tzuk Tamrur trail wandern waren. Ein unvergessliches und schönes Erlebnis!

(Negev)

(Aussicht aufs Tote Meer, Tzuk Tamrur trail)
(Tzuk Tamrur trail, März 2017)

Am letzten Tag haben wir uns noch mit Salima, einer Beduinen Frau in einer der Beduinen-Communities getroffen, die uns ein ziemlich genauen Einblick in ihr Leben als Frau und als Feministin unter den Beduinen und Arabern gegeben hat. Dazu muss man etwas ganz wichtiges über den verschiedenen Standard und die Einteilung der Araber in Israel wissen, was auch mit der komplexen und schwierige Identitätsfrage hier zu tun hat und was ich glaube ich noch gar nicht richtig erklärt habe. Ganz grob gesagt (es gibt immer kleinere Ausnahmen) jeder „Bürger“ Israels ist Israeli. (Palästina und Palästinenser mal ganz rausgelassen, das wird dann nur noch komplizierter). Dann haben wir aber ja die große Spanne zwischen den Arabern und den Juden (beides aber Israeli). Die Araber sind von der Religion auch noch mal gesplittet in Moslems und ein kleiner Teil an Christen und Drusen. So weit so gut, aber viel wichtiger um das Leben hier etwas besser zu verstehen ist, dass man unterscheidet zwischen den Arabern die in all den (Groß-)Städten wohnen (überwiegend keine Beduinen) und dann den Beduinen-Arabern im Norden und den Beduinen-Arabern im Süden.
Nach dieser Reihenfolge wird ein bisschen auf einander abgeschaut und der Lebensstandard zeigt es am besten. Ich habe mit den Beduinen-Araber im Norden zu tun. Und obwohl die Beduinen in der arabischen Welt eine Minderheit sind, sind die Unterschiede zwischen Nord und Süd doch sehr groß. Beduinen im Norden haben überwiegend Geld, stattliche Autos und Häuser. Schicken ihre Kinder zur Schule und sogar Frauen haben mehr Freiheiten. Die Beduinen im Süden leben in den Blechbaracken, wie man auf dem Foto weiter oben sehen kann. Oft keine Elektrizität und Schwierigkeiten an Wasser zu kommen. Kinder helfen im Haushalt und mit der Arbeit mit und gehen nicht zwingend zur Schule, oder nicht nach der 6.Klasse. Das Leben ist härter in der Wüste, selbst wenn die Beduinen nicht mehr herum ziehen. Frauen sind immer noch abhängig von den Gesetzen und dem Wort der Stammesführung, obwohl diese theoretisch natürlich keine Gültigkeit besitzen. Dort Feministin zu sein bedeutet einen Mann zu haben der einen unterstützt, sodass man die Kinder auch nach der 6.Klasse noch in die Schule schicken kann und seine Kinder im Haus so erzieht, dass sie offen und stark genug sind vielleicht eines Tages in der Stadt arbeiten zu können.
Nach dem wir Salima besuchen waren, sind wir nach Dimona gefahren, haben dort eine kleine Tour gemacht und haben dann dort die Black Hebrew Community besucht. Auch eine sehr interessante Begegnung. Die Community besteht aus Afroamerikanern, die glauben dass sie von den antiken Israeli abstammen und praktizieren demnach ein Mischmasch aus Christentum und Judentum. Sie werden als Hebräer bezeichnet, werden aber überwiegend nicht anerkannt. Eine ganze Menge an Hebräer und Communities leben immer noch in Amerika, was der Grund ist wieso die Hebräer in Israel überwiegend auch Englisch sprechen und die Kinder dort ihre eigene Sprache aus Englisch und Hebräisch kreiert haben. Beeindruckend in der Community ist der strikte Veganismus und die Idee nur natürliches verwenden zu dürfen und tragen zu wollen.
Insgesamt habe ich einige vielfältige neue Seiten von Israel gesehen, die es mir Möglich machen das Land nochmal besser zu verstehen.

Ansonsten ist im März noch Panni, meine ungarische Mitbewohnerin wieder zurück gegangen, sodass ich seit dem den Raum für mich alleine habe. Einen kleinen Stimmungseinschlag gab es, als die Leute vom Feuerschutz hier waren und angefangen haben den Wald Rot zu markieren. Sha'ar laAdam ist nun mal kein natürlicher Wald, sondern besteht aus gepflanzten Pinien, die nun mal gerade hier sehr gefährlich sind, wenn sie dichter als 10 Meter zueinander stehen. Das heißt ca. 80% von unseren Bäumen müssen gefällt werden, was eine ganze Menge ist! Wir sind also zwischendurch immer wieder am fällen. Und natürlich werden wir hier andere Bäume und Obstbäume anpflanzen, aber das braucht eben seine Zeit.
Aber wir haben nun auch ein kleines Gewächshaus hier im Wald aufgebaut, wo wir selber Setzlinge ziehen können. Es tut sich also rundherum etwas, wenn auch Schritt für Schritt.

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