April:
Der
April war ein gemischter Monat. Nachdenklich aber voll mit schönen
Ereignissen.
Das
Wetter war schon richtig warm und heiß, was für mich schon 80%
meiner Stimmungslage ausmacht. Der Start war zwar etwas trubelig und
voll und ich hatte das Gefühl eine Pause von der Gruppe würde nicht
schaden aber im gesamten lief es recht gut. Die Arbeit lief gut und
auch das Gruppenleben machte keine großen Probleme und war einfach,
aber das mag vielleicht auch daran liegen, dass ich emotional nicht
so involviert bin wie mit der alten Gruppe. Ich hatte dann aber zwei
sehr intensive, gefüllte Wochen um Pessach rum, die unglaublich
schön waren. Ich habe mich viel mit den Leuten aus Harduf getroffen,
war mit meiner Gruppe in den Golans wandern und war mit einigen
Leuten auf einem großen Konzert in der Nähe von Tel-Aviv. Die
Kinder in der Schule haben mir sogar Zeichnungen gebastelt, weil ich
dann erst mal endlich 8 Tage Pessach und Passoverferien hatte, was
sehr süß war, da ich wirklich gemerkt habe, dass ich als ein Part
der Schule angekommen und angenommen bin und wurde. Ich bin dann zwei
Tage zum toten Meer über die 90' an Jericho vorbei gefahren. Eine
unglaublich schöne Route, an der man miterleben kann, wie grüner
Wald in trockene Gegend umschlägt bis hin zur Wüste und staubigen
Felsen.
Das
tote Meer ist ja ein Wunder für sich und definitiv der richtige Ort
seine Seele baumeln zu lassen. Der Boden ist voller Salzstücke an
denen man sich schnell schneidet wenn man nicht aufpasst. Ich habe
ein paar davon mitgenommen die abgewaschen aussehen wie
Kristallstücke.
(Totes Meer im Morgengrauen, 7.April 2017) |
Sand,
Bäume, Feuer, Zelt, Skorpione, Mond und Sterne und schwere Gedanken.
So ruhig und zufrieden und gemütlich wie lange nicht mehr. Der Wind
rauscht. Direkt durch mich hindurch und lässt kein Platz für
Dunkelheit. Fortgefegt und ausgekehrt. Schwimmen und auf dem Wasser
liegen in dem salzigen Wasser und Körper mit Schlamm und Sand
bedecken. Rieche das Salz auf meiner Haut und lasse mich für einen
Moment davon einlullen. Friedvoll im Gleichgewicht.
Ich
hatte vorgehabt meine Ferien in Ägypten auf der Sinai Halbinsel mit
Omer, einem israelischen Freiwilligen zu verbringen und ich hatte
schon den Monat davor mich um den ganzen Visum Kram gekümmert, doch
nachdem dort die beiden Anschläge auf Christen stattgefunden haben
und Politik nun mal Politik ist und Israel es nicht gerne hat, wenn
Israeli an Pessach und Passover zum Sinai fahren, hat die IDF
kurzerhand die Grenze geschlossen während wir auf dem Weg im Auto
saßen.
Alle
anderen außer mir waren wahrscheinlich froh drüber...
Stattdessen
hatte ich eine wundervolle Woche mit Omer und noch zwei anderen
deutschen Freiwilligen in Israel. Wir sind an den unterschiedlichsten
Plätzen und Orten gewesen und haben eine Menge an netten Menschen
getroffen. Auf dem Weg zu Omer's Kibbutz „Hazor“ haben wir in
Neve Shalom (Oase des Friedens) Freunde besucht. Neve Shalom ist ein
kleines Städtchen was sich Auszeichnet in dem dort Gleichviel Juden
wie Araber wohnen und wirklich an Gemeinsamkeit und Zusammenarbeit
gearbeitet und Wert darauf gelegt wird. Wir waren kurz in dem Haus
der Stille, einer moderne Grotte in der wir uns noch ewig aufgehalten
und gesungen haben und sind dann noch zu dem Kloster gegangen,
welches unweit von dem Städtchen entfernt liegt. Und wieder einmal
haben mich die Israeli mit ihrer Beobachtungsgabe überrascht. Denn
ich wurde in dem kleinen Weinladen plötzlich auf mein Tattoo
angesprochen und ob meine Augen denn nicht auch lächeln könnten.
Ich kam dann mit einem geschenkten Wein wieder hinaus...
Pessach
am 10.4 in Hazor war bis jetzt eines meiner Lieblingsfeiertage und
Feste der Juden. An Pessach wird der Auszug der Juden aus Ägypten
gefeiert und zwar mit großer Nacherzählung und Gesang und
Schauspiel und allem möglichen. Zudem war der Abend meine erste
richtige Kibbuzim Feier, was definitiv etwas sehr schönes und
wertvolles war. Ich habe es genossen mit dem Kibbutz zusammen in der
Essenshalle zu sitzen und deren Riten und Traditionen mitzumachen.
Zur Pessach-zeit wird z.B. nichts gesäuertes gegessen. Es ist in den
Tagen fast unmöglich in nicht arabischen Läden normales Brot zu
kaufen und jeder isst Matze (Matza), was wirklich nach nichts
schmeckt, ich aber aus Deutschland kenne und sogar gerne esse.
Wir
sind am nächsten Tag dann runter an Ashdodd vorbei nach Nitzan an
den Strand gefahren und haben dort den Tag verbracht bis wir dann
Abends zum Rainbow Gathering weiter gefahren sind. Auch ein sehr
interessantes Event, von dem ich vorher noch nie gehört hatte, was
es aber auf der ganzen Welt gibt und in Israel doch auch sehr bekannt
ist. Die Regenbogen-Treffen finden immer an den abgelegensten Orten
statt unter freiem Himmel und sind eine Art spirituelle-Hippie-Öko
Kommune mit allen Möglichen Workshops und zum Teil abstrakten
Ansichten, aber konzentriert auf Naturverbundenheit und Frieden. Wie
haben eine Menge an schöner Musik gemacht und nette Menschen
getroffen und haben dann bei einer Freundin im Kibbutz Kfar Aza
geschlafen, ein Kibbutz nicht mehr als 5 km vom Gazastreifen
entfernt. Die Zäune waren doppelt so hoch und Gaza konnte man
natürlich sehen. Aber diese Nacht war es ruhig. Ausnahmsweise...
Am
nächsten Tag ging es nach Be'er Sheva, der Wüstenhauptstadt. Eine
graue, öde und triste große Stadt, die an sich nichts wirkliches
schönes hat. Und von dort aus nach Sde Boker und Midreshet Ben
Gurion und weiter in die Wüste zum Mitzpe Ramon, einem kleinen
schönen Städtchen mit viel Kunst und dem „berühmten“ Krater.
Wir sind dort zur Ein Akev Quelle gewandert und haben die Zeit
genossen.
(Ein Akev, Negev, 14.4.2017) |
Ich
hab die Tage danach noch auf kleinen Festivals verbracht und mit den
unterschiedlichsten Menschen verbracht und auch wieder selber
angefangen an meiner Biografie zu arbeiten, weil ich sie irgendwann
im Juni nochmal erzählen muss.
Wir
hatten noch drei (Feier-) Tage im April/Mai, welche sehr bedeutend
für Israel sind. „Yom HaShoa“ der Holocaust Gedenktag, „Yom
HaZikaron“ der Nationaler Gedenktag und „Yom HaAtzmaut“ der
Unabhängigkeitstag Israels. Der Holocaust Gedenktag war dieses Jahr
am 24.4. Wir sind an dem Tag nach Jerusalem gefahren und ins Yad
Vashem gegangen, dem Holocaust Museum. Dort werden 6 Fackeln zum
Gedenken an die 6 Millionen jüdischen Opfer des Holocaust angezündet
und um 10:00 heulen die Sirenen im ganzen Land für 1-2 Minuten. Wir
waren gerade auf der Autobahn und es war schon erstaunlich zu sehen,
wie plötzlich die Autos anhielten die Menschen aussteigen und alles
für diese kurze Zeit schweigend stillsteht. Selbst Radio und
Fernsehsender verzichten an dem Tag auf Unterhaltungsmusik und
-programme. Im Yad Vashem haben wir über die unterschiedlichen
Dilemma des Holocaust geredet und verschiedene Geschichten
betrachtet. Ich hätte selber von mir erwartet mich als Deutsche
schuldig und unwohl zu fühlen, das war aber kein einziges mal der
Fall. Auch die Zeremonie in Beit Elisha war wunderschön gestaltet
mit Musik und kleinen Vorträgen und einem Berg voller Kerzen.
Aber
die Krönung im April war definitiv die arabisch Hochzeit, auf der
ich eingeladen war. Denn das war nicht nur meine erste arabische
Hochzeit, sondern auch meine generelle erste und einzige Hochzeit
überhaupt auf der ich war. Laut, lustig und eine Menge an gutem
Essen. Nicht mal der Gedanke, ob die Frau ihren Mann selber
ausgesucht hat oder nicht konnte die schöne Stimmung kaputt machen
oder meinen Wohlfühlfaktor beeinflussen.
Wie
man schon bemerkt, habe ich die letzten beiden Monate eine Vielzahl
an unterschiedlichen Gruppen und Menschen kennen lernen dürfen. Ein
großes Geschenk, solch ein differenziertes Bild von Israel zu
bekommen, welches wahrscheinlich nicht so viele Menschen von Israel
zu Gesicht bekommen. Ich bin dankbar, dass ich die Möglichkeit habe
eine Kultur und ein Land mit solch unterschiedlichen Facetten kennen
lernen zu dürfen.
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