Sonntag, 4. Juni 2017

Ausschnitt aus Februar

Ich hab einiges erlebt, einiges ist passiert und jeder Tag ist so lang und voll, sodass ich der Zeit gar nicht gerecht werden kann, wenn ich jetzt versuche die letzten Monate zusammen zu fassen. Und beim ‘zusammenfassen’ fällt mir wieder einmal auf, wie überrascht ich doch von der Intensität Israels bin. Monate und Tage könnten nicht gegensätzlicher sein. Ich wollte raus aus all der Oberflächlichkeit in Deutschland und das habe ich auch geschafft. Israel und speziell Harduf ist tiefer als alles andere. Die Menschen hier denken auf einer ganz anderen Ebene. Das macht die Stimmung zwar auch schwerer und fast jeden Israeli den ich kenne, ist als Mensch total kompliziert und schwer zu verstehen. Gute Tage sind richtig gute Tage und schlechte Tage sind richtig schlechte Tage. Aber so ist das, wenn man eine Lebensernsthaftigkeit besitzt, die in vielen Leben doch verloren gegangen ist. Ob Deutschland oder Israel jetzt die Blase ist, darüber lässt sich streiten. Definitiv aber sind es zwei Grundverschiedene Lebenswege.

Februar:
Der Februar war bis jetzt der schwierigste Monat. Aber vielleicht musste das auch einfach kommen, nach dem der Januar so gut war. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass es Winter war, selbst wenn es hier schon wieder verhältnismäßig warm war. Aber letztendlich ist es nur eine Reihe von Dingen.

Der Abschied von der alten Gruppe, mit der ich die ersten Monate zusammengelebt habe war dann doch nicht so einfach wie gedacht, was ich sehr schnell merken durfte. Und zwar nicht weil ich jeden einzelnen vermisse, sondern weil mir plötzlich bewusst geworden ist, wie sehr und schnell man sich doch an bestimmte Menschen, Dinge und Abläufe gewöhnt. Es ist halt doch einfach etwas anderes in einer Community zu leben.
Ich durfte dann aber in ein anderes “Zimmer” umziehen, welches ich mir jetzt richtig schön eingerichtet habe und den Februar und den März mit einem wunderbaren Menschen geteilt habe, der mir gezeigt hat, dass ich lieber mit ihr ein Zimmer teile, als alleine ein Zimmer zu haben. Generell bin ich jetzt an einem Punkt, wo ich Privatsphäre nicht brauche bzw. gelernt habe mir meine Zeit zu nehmen, während ich umrundet bin mit dem Leben. Jetzt brauche ich definitiv nicht mehr mein eigenes Zimmer. Das ist ein Luxus der nett sein kann, aber für mich keinen wesentlichen Stellenwert mehr hat.

Anfang Februar ist dann die neue Gruppe angekommen mit denen ich jetzt zusammen lebe und die einfach total anders ist als die letzte. Diesmal noch mehr amerikanisch aber auch mehr ausgeglichen. Das mag auch daran liegen, dass das Männer-Frauen Verhältnis diesmal stimmt und wir nicht so viele sind. Mit Michael und Jordan aus meinem alten Kohort und mir sind wir diesmal 9 Leute (5 Männer/4 Frauen), nach dem einer gegangen ist, da Harduf nicht der beste Ort für jemanden ist, der schon fast jüdisch orthodox ist.
Direkt dann ist auch Ilse Wellershoff-Schuur gekommen, die Pfarrerin aus Überlingen, die mir hier die Stelle eingerichtet hat und mit Faiz und Ya’akov der Kopf von Sha’ar laAdam ist.
Und wie jeden Monat hatten wir diesen Monat auch Feiertage und Feste. So war am 11. Februar “Tu bishevat” das Neujahrsfest der Bäume. Und steht für den Beginn der idealen Pflanzperiode und somit für das Ende des Winters. An dem Tage werden Bäume gepflanzt und Früchte gegessen (Möglichst 15 Früchte aus Israel).
Vom 12.Februar an war ich dann 5 Tage auf meinem Zwischenseminar im Norden, wo ich nicht nur endlich mal die Gelegenheit hatte die anderen 5 Deutschen, die über meine Organisation hier in Harduf sind besser kennen zu lernen, sondern auch alle anderen Freiwilligen in Israel von den “Freunden”. Das war für mich nach langer Zeit das erste mal, dass ich wieder Deutsch gesprochen habe und mit Deutschen umgeben war. Diese wenigen Tage waren richtig intensiv und wichtig, haben mich aber doch auch etwas aus der Atmosphäre von Sha’ar laAdam raus geworfen, wie ich später festgestellt habe, da ich dadurch den Anfang der Gruppenbildung in dem neuen Kohort verpasst habe.
Im Vordergrund des Seminars stand Verarbeiten, Reflektieren und das Auseinandersetzen mit sich selber. So haben wir zum Beispiel die erste Nacht jeder für sich alleine draußen verbracht und ich habe festgestellt, dass es in den Golans wilde Wölfe gibt die gerne mal neben einem auftauchen und einem erst mal einen Schrecken einjagen. Die Reflektionsarbeit war so intensiv, dass ich am Ende meiner Arbeitsgruppe meine Biografie erzählt habe. Was für mich der Beweis ist, dass der Wald definitiv etwas mit mir macht. Ich bin sonst eher der Typ gewesen, der nicht über sich spricht. Auch den Blick nach vorne habe ich gewagt und mir erlaubt ein paar Gedanken zu dem Thema zu machen, was ich wirklich nach dem Jahr will. Was das konkret ist, lasse ich aber noch offen, bis mein Jahr rum ist.

Und dann bin ich wieder zurück gekommen und die Welt hat sich bei mir ein bisschen aufgehört zu drehen und ich bin irgendwo in mir selber hängen geblieben, obwohl die Arbeit richtig gut war und ich sogar die perfekte Arbeitswoche hatte. Sonntag - Unterrichten in der Schule, Montag - Arbeiten auf GanHabait der organischen Farm von Harduf, Dienstag - Waldarbeit, Mittwoch - Beit Elisha in den Ställen mit den Pferden und den Membern, Donnerstag - Arbeiten in Alon HaGalil, dem Garten von Sha’ar laAdam etwas entfernt von hier. Und Freitag morgens Gemüse verkaufen aus unserem Garten in Tivon.
Zudem habe ich den Workshop in Beit Elisha von Garten zu Ställe gewechselt und ich liebe es einfach nur dort zu sein. An der Arbeit ist also rundherum nichts auszusetzen.

Ein aufregender Moment war, als die Arbeiter endlich angefangen haben auf dem Fundament für das Andachtshaus den Schutzraum und somit ein Teil des Andachtshauses zu bauen. Jetzt müssen wir in einem Notfall also nicht mehr nach Harduf rennen… und das Andachtshaus wird hoffentlich irgendwann auch noch fertig.

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Die neue Gruppe war/ist deutlich religiöser als die letzte, besonders als der eine, der die Gruppe jetzt verlassen hat, noch da war und wir noch versucht haben für ihn einige jüdische Regeln zu beachten und es dann manchmal schwierig für mich war mich noch wohl zu fühlen, ohne so zu wirken, als wäre ich nicht offen genug. Im Endeffekt kenne ich die Lieder an Shabbat besser als den Rest meiner Gruppe, also muss ich mir darum wohl eher keine Gedanken machen.

Aber im gesamten war der Monat sehr wichtig. Ich lerne die gute, frische Seite der Anthroposophie kennen und finde mich in Harduf total wieder. Und könnte mir sogar vorstellen das Grundjahr der Anthroposophie in einem Punkt meines Lebens zu machen. Ich bin dankbar, dass ich auf eine Waldorfschule gehen durfte und habe realisiert, dass ich sehr wohl spirituell, religiös, anthroposophisch und ich selber in einem sein kann.
Und obwohl ich einige nicht so schöne Tage hatte, ist es gut für mich immer wieder an meine Grenzen zu kommen. Gemütlich zu werden und es mir im Leben bequem zu machen hat eh noch nie zu meiner Biografie gepasst und bis ich nicht aus meinen Fehlern lerne, ist es auch gut, dass ich diese immer wieder vom Leben vorgehalten bekomme. Ansonsten kann ich Grenzen auch nicht erweitern und verschieben. Das mag nerven, aber da ich nun mal die Realität will, nehme ich alles an was mir entgegen kommt.

Samstag, 13. Mai 2017

Zwischensequenz

7 Monate. Und vielleicht habe ich immer noch nicht den Grund gefunden wieso ich hier bin, aber wenn ich auf die letzten Monate zurück blicke, ergeben all die Sekunden, Minuten, Momente, Begegnungen einen Sinn in einem Farbbild voller Progress und Veränderung.
Jetzt habe ich mich entschlossen noch 6 Wochen länger hier zu bleiben, sodass ich auch noch in der Friedensübungswoche Anfang Oktober dabei sein kann . Ich hab also sogar noch einiges an Zeit und trotzdem fangen  langsam meine Gedanken und Gefühle an sich zu verändern.  In dem Sinne, dass ich nach all der Zeit langsam und vorsichtig anfange z.B. Momente mit meinen Freunden zu vermissen.
Und trotzdem erfüllt mich der Gedanke an 'zurück gehen' mit Furcht. Was, wenn ich all das erlebte, all den Progress , all die kleinen spirituellen Geschenke, Schubser und Veränderungen, die ich hier bekomme und mache, verliere und/oder nicht halten kann wenn ich zurückkehre?
Was, wenn ich mich zu sehr oder doch zu wenig verändert habe? In alte Muster zurückfalle, oder gesteckt werde, weil die Leute, die denken mich seit Jahren zu kennen mir nicht den Freiraum geben mich so zu sehen wie ich bin. (Was auch immer das heißen mag.)
Geräusche, Geschmäcke, Menschen, bekannte Situationen katapultieren mich zurück in alte Muster. Demnach ist es nun meine Aufgabe neue Sinne, Menschen und herzerwärmende Erinnerungen zu sammeln, sodass sie stark und geduldig genug sind um als neuer Spross hervor zu gehen.
Am Ende des Tages wünsche ich mir selber nur, weiter so viel aufsaugen zu können wie es eben geht und mich nicht selber irgendwo in der Ferne hinter einem Bilderrahmen zu verlieren .

Dienstag, 21. Februar 2017

Ausschnitt aus Januar



Januar und der Beginn eines neuen Jahres und hoffentlich auch einiger guten neuen Ereignisse, aber eben auch der letzte Monat mit dieser Gruppe.
Fuer Silvester bin ich nach Tel-Aviv gefahren und habe dort gefeiert, was sehr schoen war, wenn auch ohne Boeller und Feuerwerk. Das kam mir aber nur gelegen.


Wetter technisch war es immer noch ziemlich kalt, wenn nicht sogar noch kaelter als im Dezember. Regnerisch und teilweise sehr sehr windig.
Die Stimmung generell war meistens gut, aber je schneller die Tage vergingen, desto spuerbarer wurde der Abschied untereinander. Zudem quaelten sich die Anderen mit der Frage, was der naechste Schritt fuer sie ist. Fuer mich wurde Richtung Ende Januar immer realer, dass ich es irgendwie schaffen muss, innerhalb weniger Tage von einem community Leben mit dieser Gruppe zu einem community Leben mit der naechsten Gruppe switchen zu muessen.
Trotzdem ist Januar bis jetzt mein Lieblingsmonat gewesen, denn ich hab doch eine ganze Menge an schoener Dinge erlebt und auch mein Leben hier weiter entwickelt.
Zum einen haben wir intensiv an unserem Theaterstueck Peter Pan gearbeitet, in welchem ich John, den mittleren Bruder von Wendy, gespielt habe. Ende Januar hatten wir dann eine Auffuehrung in Harduf, welche total voll war und wir hatten zwei Auffuehrungen in den arabischen Schule, welche auch einfach toll waren!
Zum anderen sind wir anfang Januar nach Nazareth gefahren; was auch sehr schoen war. Zudem haben wir dort eine Moschee besucht. Und ich war doch ueberrascht von der Vielzahl an Christen, welche dort wohnen, obwohl Nazareth die Heimatstadt von Jesus bzw seiner Eltern ist.
Politisch gab es am 8.1 einen “Terrorakt” in Jeruslamem bei dem 4 junge Menschen getoetet wurden, was der erste “Anschlag” in Israel war seit dem ich hier bin bei dem mehrere Menschen getoetet wurden. Wirklich davon mitbekommen habe ich aber nicht.


Ansonsten haben wir mit der Gruppe einige kleine Wanderungen in der Naehe gemacht und auch da habe ich wieder gemerkt, wie anders hier dann doch alles ist oder sein kann. Ich hab mich ziemlich lange mit dem Security-guy unterhalten, den wir auf einem der Ausfluege mit dabei hatten. Ein junger Mann Anfang 20 und noch nicht so lange aus der Armee raus. Zum einen war ich wieder sehr beeindruckt wie schnell und offen die Israeli doch mit einem reden und das Leben teilen und zum anderen habe ich ihn dann gefragt, nachdem wir einige Zeit ueber die Armee gesprochen haben, ob er schon mal ein Menschen getoetet hat. Seine Antwort war ein schlichtes ungeschminktes ‘Ja’.Und dabei weis ich nicht was mich mehr ueberrascht hat. Dass er gesagt hat, dass er weis dass jeder Mensch gleich viel Wert ist und es falsch ist, oder dass er nicht gebrochener war, als ein durchschnittlicher  Mensch in Deutschland. Normaliteat hat verschiedene Gesetzmaessigkeiten. Und hier eine andere…


Auch einen Besuch nach Hiram, der Einrichtung fuer die Rehabilitation psychisch kranker Menschen gehoerte im Januar fuer uns dazu. Auch ein sehr besonderer Ort, der es mir wirklich angetan hat und mir wieder gezeigt hat dass es fuer mich richtig ist mit dem Ansatz der Anthroposophie an Menschen heran zu gehen.
Und dann ist leider auch noch eine weitere Freiwillige aus dem TEN-Project gegangen, wegen familaeren Dingen. Und selbst wenn es sowieso fast das Ende des Programmes war, war es doch schade die einzige Israelin in dem Kohort zu verabschieden.


Und dann kam der bisher beste Teil meiner Zeit hier. Naemlich der Trip in die Westbank also nach Palaesina mitte Januar. Ich bin mit einigen anderen Maedchen aus dem Programm mit einem Guide nach Ramallah und Bethlehem gefahren.
Es ist leicht hier nur die eine Seite zu hoeren. Es ist leicht einfach zu glauben was die Israeli (Juden oder Araber) erzaehlen. Aber es ist auch wichtig, die andere Seite zu sehen und anzuhoeren. So weit es eben moeglich ist.
Wir sind also von Jerusalem mit dem Guide nach Ramallah gefahren, vorbei an den Grenzen und Mauern, wo nicht wirklich kontrolliert wird, weil es die Israeli nicht kuemmert wer nach Palestina will. Wir sind im Zentrum von Ramallah gewesen und in den reichen Strassen, sowie in den armen Gegenden. Und das Leben tobt ueberall. Sicher wird man als Touri angeguckt und bekommt auch mal dumme Kommenatare. Aber nicht weil die meisten in meiner Grupe juedisch sind oder ich christlich, sondern weil wir Unbekannte sind und Naivitaet auf unserer Stirn geschrieben ist. Und nachdem wir mit einigen netten Palestinensern gesprochen haben, von denen einige perfekt Englisch konnten, ging es weiter nach Bethlehem. Ene schoene, lebhafte Stadt und im Gegensatz zu Ramallah doch ganz schoen touristisch und christlich.. Wir haben die Geburtsstaette von Jesus besucht und haben dann, nachdem wir einige Zeit in Bethlehem rumgelaufen sind am Rande ein “Fluechtlingsvirtel” besucht, in der palaestinenser wohnen, welche von den Israeli vertrieben wurden. Auch hier sind uns einige Geschichten entgegen gekommen. Und am Ende war ich um einiges Reicher und mit Ramallah als mit einer meiner Lieblingsstaedte wieder zu Hause.

Ende Januar hab ich mich dann von meiner Gruppe verabschieden muessen, was gar nicht so einfach war, selbst wenn einige doch noch irgendwie erst mal in Israel bleiben. Den Monat hab ich also mit vielen circles und Verabschiedungen abgeschlossen, aber auch mit guten Momenten.

Samstag, 11. Februar 2017

Ausschnitt aus Dezember

Jetzt sind es ‘schon’ vier Monate die ich hier verweile, welche sehr sehr schnell vorbei gegangen sind, wenngleich auch mit einiges an Intensitaet gefuellt.
Die letzten beiden Monate waren sehr interessant mit Hoehen und Tiefen und buntem Leben. Ich fuehle mich nun um einiges wohler hier und ich bin aus meiner Beobachtungshaltung raus gekommen und mehr ich selbst. Auch Gruppentechnisch sind wir alle ein bisschen ruhiger geworden und die Dynamik hat sich mit unserem Theaterstueck Peter Pan doch auch zum besseren veraendert.

Mitte Dezember hat das Wetter dann auch umgeschlagen zu viel Regen und doch auch Kaelte. Gerade wenn die Sonne weg ist, braucht man definitiv eine Winterjacke. Nichts vergleichbares zu Deutschland natuerlich, aber wenn man so gut wie draussen lebt und jemand wie ich ist der staendig friert, fuehlt es sich mit dem Wind doch kaelter an, als es wahrscheinlich eigentlich ist. Da helfen die schlecht geheizten Raeume auch nicht mehr um warm zu werde. Trotzdem, minus Grade gab es erst zwei mal in der Nacht im Januar und da die Tage so viel waermer sind, bekommt man davon nichts mit, abgesehen von dem Tau auf den Blaettern im fruehen morgen. Es ist fuer mich immer noch erstaunlich, dass sich die Temperatur innerhalb Minuten so stark veraendern kann und nicht selten laufe ich in kurzen Sachen herum und brauche wenig spaeter alle meine dicken Sachen.

Mitte Dezember ging es fuer uns alle fuer ein zwei-taegiges Seminar nach Tzfat. Sehr interessant, sehr juedisch aber voller guter Erlebnisse.
Tzfat ist eine juedische Stadt auf einem der hoechsten Berge in Ober-Galilee und ist das geistige Zentrum der Kabbalah, also der juedischen Lehre. Zum einen bekamen wir in Tzfat eine Rundfuehrung durch die Stadt und zum anderen gab es einige Programmpunkte fuer uns. So wurde uns erklaert was die Bedeutung einiger wichtigen Fruechte im Judentum ist und es gab eine Einfuehrung  in eine Kabbalah Klasse, in welcher ein Rabi mit uns ueber das Judentum sprach und mit uns anschliessend meditierte. Zudem wurde uns die juedische Musik vorgestellt und wir durften uns musikalisch ausprobieren. Fuer mich endete Tzfat dann, in dem ich mit einer kleinen Gruppe in die Grotte ging, welche es dort gibt und wir fuer eine zeitlang einfach nur sangen. Im grossen und ganzen war es fuer mich eine gute Erfahrung und Gelegenheit zu verstehen, was das Judentum ist, selbst wenn fuer mich diese Religion fuer meinen Vorstellung doch sehr weit entfernt ist.
Dieses Jahr war Weihnachten und Hanukkah am gleichen Datum, was schon etwas besonderes ist. Aber auch praktisch, denn so war es leichter beides zu feiern. Es war fuer mich erst mal nicht so einfach in Weihnachtsstimmung zu kommen. Gerade nach dem die Adventskerzen die ich aufgestellt hatte, versteckt wurden, weil die Jewish Agency kam, fuehlte es sich auch nicht so richtig nach Koexistenz an und danach, das Weihnachten auch ein wesentlicher Teil ist bzw. sein kann. Aber als wir dann gemeinsam an Heiligabend mittags anfingen zu kochen und Faiz ein kleines Baeumchen mitbrachte, breitete sich auch bei mir/in mir Weihnachten aus. Und nach dem Hanukkahessen bin ich dann auch mit allen raus gegangen, habe jedem ein Teelicht in die Hand gedrueckt und alleine gemeinsam haben wir schweigend im Wald einen Dunkelspaziergang gemacht.
Nach Hanukkah habe ich dann mal wieder festgestellt, dass hier alles immer anders laeuft als geplant. Mein Weihnachts-ferien-trip ist naemlich ausgefallen, weil wir das Auto nicht bekommen haben, da der Fuehrerschein von Naum abgelaufen war. Er war der einzige mit ueber 21, also konnte keiner von uns anderen das Auto bekommen.
Stattdessen blieb ich also mehr oder weniger im Wald und nutzte die freie Zeit um neue Energie zu schoepfen und um Musik zu machen und auf zu nehmen.
Auch Ende Dezember hat die Theaterklasse in Harduf im Theater dort die Mystheriendramen aufgefuehrt. Das erste mal, dass die Mysteriendramen in Hebraeisch aufgefuehrt wurden, dementsprechend war das ein grosses Ereignis. Und auch wenn ich nicht die gesamten 4/5 Stunden zugeschaut habe, habe ich mir wenigstens den ersten Teil angesehen.
Im grossen und ganzen war Dezember ein stabiler guter Monat, auch wenn sich das immer so leicht schreibt am Ende.

Freitag, 27. Januar 2017

Bildergalerie

(Tel-Aviv Yafo beach, November)
                                     Kinderlachende Ausgelassenheit
                                     mitten zwischen
                                     bunten Wellen
                                     Und im friedlichen Sand
                                     schlummern die gestohlenen Träume.


(Tel-Aviv Yafo beach, Abend 31.12.2016)

1.1.2017: "Sitze in mitten des bunten Lebens.Bin in Tel-Aviv in einem kleinen Cafe und genieße das Frühstück und bin wieder mal erstaunt, das Leben doch überall gleich ist.
Autos fahren wirbelnd durch die Straßen.Gehupe hier und Geärusche da.Manch einer flitzt mit seinem elekronischen Fahrrad oder Roller im schicken Anzug auf und ab.
Frauen tragen ihre Schminke aufrecht mit erhobenen Hauptes.Leben ist langsamer als in Deutschland, obwohl Tel-Aviv eine Großstadt ist.Für diesen Moment ist Leben gut und die Stadt atmet."

(Aussicht, Sha'ar laAdam-Bab l'il Insan) 
10/2016: "Fliegen. über das Mittelmeer, vorbei an Zypern und ab in die Seenkrechte zum Landeanflug.
Trockene Hitze, staubige Atmosphäre, rötlich braune Landschaft. Und am Horizont die untergehende Sonne, welche die Welt in glitzernden Staub verwandelt. Glühende Staubwolken am Horizont gefärbt in Rot, dahinschwebend und abgestellt. Neue Welt schleicht sich in meinen Atem und hält mich inne."

(Arbeitsstelle in Alon HaGalil)


(Arbeitsstelle in Alon HaGalil)
10/2016: "Wenn man über seine Sprache lebt, über seine Worte definiert wird, über Stückchen eines Alphabets lernt mit anderen zu komunizieren, dann ist es schwer plötzlich in einem Land zu sein, in dem die eigenen Worte nichts mehr zählen, in dem ich nicht mehr zwischen mir und meiner Sprache übersetze, sondern in dem plötzlich mein Alphabet erweitert und direkt in eine Sprache übersetzt werden muss."

(Gruppenbild im Heu/Kohort 6)


(Tzfad, Dezember 2016)
                               Und während die Zeit
                               unentschlossen bleibt, versuchen wir doch
                               nur unsere Tragweite aller möglichen
                               Möglichkeiten zu sichten.


(Gruppenbild in Nazareth/Kohort 6)

(Ramallah (Westbank), Januar 2017)
                              Bewege mich in waagerechter Schräge
                              und sehe der Welt beim Leben zu.
                              Zähle die Steine auf dem Rücken der Menschheit.
                              Durch meine Kraft bröckelt der Verstand.

(Markt in Ramallah (Westbank), Januar 2017)
 14.1.2017: "Emotionslos mit so vielen Emotionen und gedankenlos denkend im Zwischenraum."

(Bethlehem (Westbank), Januar 2017)
 2016: "Manchmal schwebt man einfach. Schwebt und weiß nicht warum. Und wenn man schwebt, verliert sich das Denken irgendwo dort, wo die menschliche Hülle keinen Zutritt hat. Es fehlen die Worte zum beschreiben und benennen."

(zentraler Platz, Bethlehem (Westbank), Januar 2017)


(Mauer Palästina - Israel, Westbank)
                                Und wenn du plözlich begreifst,
                                dass sich die andere Seite der Mauer
                                auch wie deine Heimat anfühlt,
                                weißt du, dass du Zuhause angekommen bist.    


Ausschnitt aus November

Der Nächste Monat ist schon seit einer Weile rum und nachdem sich nun mein Wochenablauf eingependelt hat, versuche ich innerlich meine Balance zu finden. Zwischen all den Menschen und den Dingen, die um mich herum stattfinden. Ich bin auf der einen Seite sehr mit mir beschäftigt und auf der anderen Seite finde ich nicht genug Zeit um zu schreiben und um zu denken und meine Gedanken zu sortieren.
Am Meisten hat mich diesen Monat (November) beschäftigt, dass es wirklich Zeit braucht um die Dinge hier zu verstehen. Um zu verstehen, was dieser Ort ist, was dieses Land ist, was für Konflikte hier den Alltag bestimmen und wieso. Ich beschränke mich aus dem Grund noch auf die Dinge die direkt hier passieren und meinen Alltag bestimmen und halte mich noch zurück mit Detailberichten über die Kulturen/Religionen und die Konflikte/Problematiken und die wichtigsten Menschen hier. Denn es reicht in Israel nicht, nur zu fragen und sich dann alles erzählen zu lassen. Denn erstens ist es speziell hier immer nur eine Variante der Geschichte und zum anderen möchte ich nicht über Dinge reden, die ich zwar meine zu verstehen, weil sie mir jemand erzählt hat, aber nicht wirklich verstanden habe, weil ich dafür die Gegebenheiten noch zu wenig kenne. Und da ich mitbekomme, dass viel zu schnell jeder zu wissen meint, was Israel für ein Ort ist aber eigentlich keine Ahnung hat und da ich ein Jahr Zeit habe und Geduld eine Tugend ist, taste ich mich jeden Tag ein Stückchen weiter vor in diese Welt.

Ein bisschen hab ich ja schon erzählt was ich so jede Woche mache und was meine Arbeit ist. Nachdem sich der Plan auch endlich mal eingependelt hat, kann ich auch ein bisschen mehr über die Dinge erzählen die unabhängig von meiner Arbeit so drum herum passieren. So besteht der Circle am Montag darin, dass jeder kurz sagt wie es ihm/ihr geht und wie die Woche oder das Wochenende war. Zudem wird die nächste Woche besprochen. Eine gute Gelegenheit die Gruppenstimmung einzufangen, die doch immer wieder sehr stark hin und her pendelt. Zudem ist diese Gruppe auch nur noch bis Ende Januar hier, da dann das Programm endet und Anfang Februar lerne ich dann die neue Gruppe kennen.

Theater ist auch sehr speziell. Denn zum einen ist es anthroposophisches Drama was wir hier spielen und obwohl ich einiges an Theater gewöhnt bin doch sehr anders und zum andern bin ich nicht so vertraut mit der Gruppe, dass es für mich ein leichtes ist in einer anderen für mich nicht flüssigen Sprache zu improvisieren. Bis jetzt haben wir viel Improvisation gemacht, sowie Sprachtraining und Bothmergymnastik und nun fangen wir an, in einer total gekürzten Version Peter Pan für eine Kinderaufführung zu spielen und sind dabei das Drehbuch umzuschreiben. Ich bin trotz allem schon gespannt wie es wird und wie wir das hinbekommen werden, zumal ich in der Musikgruppe dabei bin und eventuell ein Cello organisiert bekomme. Mein Cello ist sowieso etwas was ich hier vermisse. Wir haben zwar zwei Klaviere hier im Wald, (wie kann es auch anderes sein, wenn man in einem anthroposophischen Wald lebt) aber es ist eben doch nicht so einfach mal eben ein Cello zu organisieren.

Ich hab wie schon erwähnt Hebräisch und Arabisch jede Woche, aber da ich im Moment noch sehr darauf bedacht bin mein Englisch zu verbessern, hab ich für mich die beiden anderen Sprachen noch zurück gestellt und noch nicht intensiv angefangen zu lernen. Mein Hebräisch und Arabisch besteht demnach bis jetzt nur aus einzelnen Sätzen. Ich hab aber auf jedenfall vor mich da noch weiter reinzuarbeiten um auch von der Sprache mehr zu haben.

Die Koexistenzstunden sind für mich auch ein Lieblingsteil der Woche. Denn die Stunden geben Faiz und Yaakov. Faiz, der Chef des ganzen und einer der wichtigsten Menschen hier ist ein Beduine. Also ein Araber und demnach als Moslem aufgewchsen. Yaakov, der Mitgründer des Kibbutz und auch einer der wichtigsten Menschen ist ein jüdischer Israeli. Und obwohl die beiden seit Jahren beste Freunde sind und so einige Geschichten zusammen erlebt haben, ist es doch immer wieder interessant zu sehen, wie sehr doch die Meinungen zwischen den beiden auseinander gehen oder die Dinge anders sehen oder erlebt haben, wenn es um die Geschichte Israels geht oder den Konflikt oder auch nur bei kleinen Dingen andere Meinung sind. Wir besprechen zum einen die Geschichte Israels in den Koexistenzstunde und zum anderen stellen wir selber einiges an Fragen und dürfen diskutieren und tasten uns vor und versuchen all die unetrschiedlichen Problemtiken zu verstehen.

Beit Midrash ist auch einmal die Woche. Beit Midrash bedeutet so viel wie die „Auslegung religiöser Texte“, was auch so ziemlich erklärt was wir machen. Religiöse Texte besprechen und miteinander durchgehen und und drüber diskutieren. Auch immer eine sehr interessante Stunde, bei der es auch gerne mal Reibungen gibt. Zudem haben Michaela und ich eine Stunde erklärt was Advent und Weihnachten ist und über die Christengemeinschaft geredet. Interessasnt war dann doch zu sehen, dass viele aus der Gruppe keine Ahnung von den christlichen Festen haben und das Wort „Advent“ noch nie vorher gehört haben.

Auch ein wesentlicher Teil hier ist die Biografiearbeit, was so viel meint wie dass jeder dran ist an einem Abend über sich selber zu reden. Jeder hat 45 Minuten Zeit für seine Biografie und danach gibt es eine Fragerunde, sowie eine Abschlussrunde in der jeder zu der Biografie sagt, was man bevorzugt hat und einen Wunsch an die Person für die Zukunft richtet. Auch immer ein sehr intensiver Abend, da die meisten Biografien nun mal viele dunkle Teile haben, wie das im Leben nun mal so ist. Auch ich hab Anfang November meine Biografie erzählt, was erst mal gar nicht so einfach war. Ich bin kein Freund davon über mich selber zu reden und mir Gedanken über meine Vergangenheit zu machen. Aber letzendlich hab ich es als Grund gesehen eine ganze Menge einfach mal aufzuschreiben und dann war es gar nicht so schlecht. An sich finde ich, ist die Biografiearbeit ein ganz wesentlicher Teil, gerade wenn man vorher noch nie etwas vergleichbares erlebt hat und nie einen Grund hatte, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Aber da in der Waldorfschule doch immer wieder die Arbeit mit sich selbst im Vordergrund steht und auf dem Vorbereitungsseminar natürlich auch, bin ich dementsprechend etwas müde davon.

Jeden zweiten Freitag Abend halten wir zusammen Kabbalat Shabbat, also läuten den Shabbat ein. Es wird viel gesungen, ein Psalm gelesen und Blessings ausgesprochen, bevor es dann das Shabbat dinner gibt. Havdalah ist dann das Ritual oder auch das Fest zum Ende des Shabbat am Samstagabend. Eine spezielle Kerze wird gezündet und wieder verschiedene blessings aufgesagt. Zudem hat jeder von uns ein kleines Heftchen in dem danach jeder reinschreiben soll was gut und was schlecht an der letzten Woche war und einen Wunsch fur die nächste Woche. Alles in allem eine dann doch sehr volle und lebendige Woche.

Ich denke, November war für die ganze Gruppe ein relativ stressiger Monat. Nicht nur innerhalb der Gruppe hat es immer wieder gekrieselt, auch ausserhalb in der Arbeit gab es immer wieder kleinere Reibereien. Zudem war generell in Israel z.B mit den Bränden auch einfach viel los, sodass wir alle doch ganz schön angespannt waren. Mitte November musste eine von uns (Diana) aus dem Programm zurück nach Kolumbien, weil ihr Visum nicht verlängert wurde, wegen diversen “Missverständnissen” an einigen Ecken. Plötzlich erst mal eine Person weniger zu haben, die wirklich entscheidend für die Gruppendynamik ist, ist erst mal ziemlich blöd, aber man gewöhnt sich halt daran. Das nächste waren sicherlich die Brände von denen der eine oder andere vielleicht in den Nachrichten gehört hat. Ganz schlimm war es in Haifa , in der nächst grösseren Stadt von mir aus. Aber auch hier im Wald auf der arabsichen Seite in Kabbi’yah gab es kleinere Brände. Fur uns hies das Nachts abwechselnd Feuerwache/dienst schieben zu müssen. Eine Erfahrung die hier nun mal dazu gehört. Dabei ist es sehr interessant zu erleben, dass in den News viel über Brandstiftung geredet wurde, ausgeführt von der arabischen Seite und nur von den israelischen Bränden berichtet wurde. Auf Brandkarten, wo all die Brände einsehbar waren, wurde z.B Harduf rot gekennzeichnet als Brandgebiet und nicht Kabbi’yah oder andere arabische Städte, welche genauso betroffen waren, wenn auch nicht so massiv wie Haifa. Wie auch immer. Letztendlich ist es ein schönes Beispiel dafür, dass es eben nicht immer so ist wie es scheint. Und auch immer viel komplexer ist als nur gut und böse und richtig oder falsch.
An einiges hab ich mich inzwischen gewöhnt, wie z.B. an die gesamte Security, die hier nun mal überall ist und einen auch immer durchchecken. Sei es vor jedem grösserem Laden oder anderen öfentlichen Plätzen wie Bus, Bahn etc. Auch wenn wir mit der Gruppe unterwegs sind, sind wir verpflichtet eine Security dabei zu haben. Andere Dinge wie z.B kleinere Reibereien zwischen den Kulturen geben mir immer noch zu denken, was aber wahrscheinlich gut ist, denn nur weil etwas hier normal ist heisst es ja nicht dass es richtig ist. So sassen ein Junge aus meiner Gruppe und ich in der Schule zufällig an einem der Tische, welcher mit einer israeli Flagge bemalt ist. Ein Lehrer kam vorbei und machte einen Joke darüber, dass wir am israeli Tisch sitzen würden und nicht an einem anderen. Es war nur ein Witz und keine grosse Sache, aber das zeigte mir wieder einmal wie sensible hier alles ist und wie sehr die Konflikte doch im Unterbewusstsein verankert sind. Ich hab mich nur an den nächsten freien Tisch gesetzt und die Bemalung nicht einmal wahr genommen.
Ansonsten habe ich plötzlich angefangen die Biebel zu lessen und die wichtigsten und interessanten Plätze raus zu schreiben, was für mich sehr interessant ist, weil ich merke, dass mir doch etwas mehr an all dem liegt, als ich dachte. So hab ich auch kurzerhand einen Adventskalender und einen Adventskranz mit Kerzen aufgebaut und mir gedacht dass ich die Koexistenz hier mal nicht nur auf Moslems und Juden begrenzt lasse. Trotzdem bin ich nicht so richtig in Advent und Weihnachtsstimmung, da die Stimmung generell doch sehr anders ist. Ich hab auch noch keine Ahnung wie Weihnachten bei mir wird bzw Hannukah, aber ich weis dass noch ein Ausflug nach Nazareth ansteht und ich, wenn ich möchte, auch mit allen die hier sind etwas an Heiligabend planen darf.

- Plätschernde Wellen treiben
  meine rastlose Seele davon.
  Ich lasse los und
  stehe
  stehe ohne gehalten zu werden
  und danke der Sonne für ihre berauschenden Flügel.
 

Mittwoch, 30. November 2016

Feste/Feiertage

Ich bin im September zu einer speziellen Zeit nach Israel gekommen, denn Ende September/Anfang Oktober sind einige jüdische Feste und Feiertage, die ich gerne noch etwas erklären und beschreiben möchte.
 
Ich bin direkt zu Rosh Hashana, dem jüdischen Neujahrsfest angekommen, welches dieses Jahr am Montag den 3.Oktober (2016) war. Rosh Hashana geht zwei Tage lang und ist der Beginn der 10 ehrfurchtsvollen Tage, welche dann mit Yom Kipur enden, dem zweiten Fest welches ich miterleben durfte. An Rosh Hashana wird das alte Jahr auf allen Ebenen abgeschlossen, Bilanz gezogen und alles schlechte hinter sich gelassen und mit neuer Energie nach vorne geblickt.
Wie bei jedem Fest besteht die Vorbereitung darin, dass alles festlich in Weiß geschmückt wird, alles sauber gemacht wird, inklusive das Waschen der weißen Kleidung und zusammen gekocht wird und man sich innerlich auf das Fest besinnt und auf den Gedanken dahinter.
Ich hab Rosh Hashana hier im Wald mit ein paar Leuten aus dem TEN-Projekt und mit der Familie und Freunden von meiner Hebräisch Lehrerin verbracht. Es gab ganz traditionell Apfel in Honig. Dabei steht der Apfel für das neue Leben im nächsten Jahr und der Honig dafür, dass das neue Leben/Jahr süß sein möge. Anschließend wurden Segenswünsche ausgesprochen.

Yom Kipur, der Versöhnungstag ist der höchsten Feiertage im jüdischen Jahr und kann deshalb auch auf einen Shabbat fallen, alle anderen Feiertage werden interessanter Weise verschoben, wenn sie auf einen Shabbat fallen. (Shabbat, also Samstag ist hier der heilige- und Ruhetag wie für uns der Sonntag. Die Arbeitswoche geht dementsprechend auch von Sonntag-Donnerstag)
Dieses Jahr fiel Yom Kipur auf den 12.Oktober (2016). Darum herum hatten wir auch noch einige Tage Ferien.
Der Versöhnungs- und Reuetag ist ein strikter Ruhetag. In der Regel wird 25 Stunden komplett gefastet und auch das komplette jüdische öffentliche Leben steht still und keiner bewegt sich und die einfachsten Dinge wie Musik hören oder auch schreiben wird nicht gestattet bzw wird in der Öffentlichkeit nicht gerne gesehen.
Es war ganz interessant zu sehen, dass sogar die nicht so religiösen Juden diesen Tag sehr ernst nehmen, sodass sogar ich den Tag mit Fasten verbracht habe. Am Abend gab es dann ein großes Fastenbrechen um ein Feuer herum, sowie ein circle bei dem jeder ein Stein ins Feuer geworfen hat mit einer Versöhnungsbitte an eine bestimmte Person.

Das letzte Fest, Sukkot, startet 5 Tage nach Yom Kipur und geht 7 Tage. Zu Sukkot wird eine Sukkah gebaut, also eine Laubhütte in welcher in der Zeit von Sukkot immer gegessen wird und in welcher in unserem Fall auch unsere Meetings abgehalten wurden. Ich hab den Vorabend zu Sukkot in Beit Elisha verbracht und gefeiert. Es wurde das halbe Kibbutz eingeladen und es gab einige Programmpunkte mit singen und musizieren und natürlich ein gigantisches essen. Später haben wir noch im Wald in unserer eigenen Sukkah etwas gefeiert, sowie am nächsten Tag dort ein tolles Brunchen veranstaltet.

Für mich sind die ganzen Feste was komplett Neues, da ich vorher nie Ahnung hatte von den jüdischen Festen und deren Traditionen. Aber ich bin jetzt schon positiv überrascht von der Art, wie hier gefeiert wird.

Sonntag, 23. Oktober 2016

Meine Arbeit

Jetzt bin ich schon drei Wochen hier und kann langsam sagen, dass ich jeden Tag ein Stückchen mehr ankomme.
Ich gewöhne mich daran mit so vielen Menschen auf engstem Raum zu leben und versuche jeden von den Menschen hier besser kennen zu lernen.
Ich genieße das Leben im Wald und gewöhne mir an Barfuß zu laufen.
Ich genieße immer noch die Wärme, auch wenn es jetzt langsam Abends und Nachts ganz schön kalt wird. Und ich merke, dass ich hier ein anderes Leben führe. Es ist nicht so einfach Kontakt zu seinem bisherigen Leben zu halten, weil mein Leben jetzt einen völlig anderen Rhythmus hat und für mich andere Dinge wichtiger geworden sind. Aber es ist gut so, denn zum ersten Mal bin ich mir selber wichtig und versuche meinen Fokus auf das zu legen was mir gut tut und was mich glücklich macht.

Nun aber mal aber eine Kurzfassung über meine Arbeit, die einen Großteil meines Tages einnimmt und die so wichtig ist.
Meine Woche ändert sich immer und ist sehr abwechslungsreich.
Grundlegend sind für mich aber Sonntag, Montag und Donnerstag Schultage. Dienstag ist Waldtag und Mittwoch verbringen wir in Beit Elisha.

Wir sind in verschiedene Schule aufgeteilt und ich bin mit 5 anderen in der arabischen Grundschule in der arabischen Stadt Ka'abiyya und unterrichte dort Englisch. Die fangen dort in der 3.Klasse mit dem Englischunterricht an und wir unterrichten die 3.,4. und 6. Klasse.
Entweder sind wir in der ganzen Klasse dabei und helfen bei den Aufgaben oder wir bekommen einzelne Schüler oder Kleingruppen zugeteilt und bearbeiten die gestellten Aufgaben mit den Kindern zusammen.
Die Schule selber ist total primitiv und fast schon ein bisschen trostlos. Ein Steingebäude mit Gittern vor den Fenstern und innen asphaltierter Boden. Stahlbänke zum sitzen und das Lehrerzimmer besteht aus einem Tisch, einem Waschbecken und kleinem Herd zum Kaffee kochen und Holzkisten, die als Fächer für die Lehrer dienen sollen. Die kleineren Kinder haben ihr Klassenzimmer draußen in einem Container, die größeren in den simplen Klassenräumen drinnen. Die Lehrerinnen sind sehr unterschiedlich angezogen. Von langem Gewand und Kopftuch bis Hautenge Jeans, High Heels und viel Schminke.
Einzige Pflicht in der Schule ist Schultern und Knie bedeckt zu haben, was nun wirklich kein großer Aufwand ist.
Ich kann Problemlos mit meinem Kreuz um den Hals umher laufen und ich-sein.
Für die Kinder ist es wichtig, dass wir da sind. Wir bringen ein Stück aus unseren Welten in deren Welt und machen ihre Welt ein Stückchen bunter. Zeigen ihnen eine andere oder auch neue Vielfältigkeit. Und das ist schön und macht sehr viel Spaß, denn die Kinder sind so lieb und dankbar wenn man ihnen Aufmerksamkeit schenkt. Es ist wichtig zu zeigen, dass wir zwar einer anderen Kultur angehören aber trotzdem friedlich miteinander umgehen können. Und ich lerne selber jeden Tag so viel dazu, dass ich erfüllt bin von so viel guten Ereignissen.

Der Waldtag besteht darin, dass hier am Grundstück gearbeitet wird und neues aufgebaut wird. In den letzten Jahren hat sich die Begegnungsstätte schon extrem weiter entwickelt, aber es gibt noch genügend zu tun und genügend Ideen, die verwirklicht werden wollen. Zudem ist auch einiges an Arbeit nötig um den Ort zu pflegen und zu erhalten.

Der Tag in Beit Elisha ist auch ein wichtiger Bestandteil. Beit Elisha ist die Einrichtung für Menschen mit besonderen Bedürfnissen, bestehend aus mehreren Häusern.
Es gibt mehrere Workshops unter anderem eine Papierwerkstatt, Küche, Keramikwerkstatt, Stallarbeit und Gartenarbeit. Ich bin in der Gartenarbeit dabei, was ich sehr genieße weil ich dann draußen arbeiten kann. In meinem Workshop sind bis zu 10 Menschen mit einer Behinderung und einige Co-worker. Es gibt mehrere Gartenbereiche, aber bis jetzt war ich nur in einem.
Wir pflanzen unter anderem Kohlrabi und Salat und Brokkoli an und legen Bewässerungssysteme an. Der Tag mit den Menschen aus Beit Elisha ist die beste Möglichkeit Hebräisch zu lernen, denn einige von denen können auch englisch und sind geduldig genug dir immer wieder die richtigen Wörter auf hebräisch zu sagen. Ich lerne also an jeder Ecke etwas dazu.

- Und plötzlich beginnt der Gesang der Muezzin. Erst von der einen, dann von der anderen Seite.
Welt wird still...
und lauscht.
Schallend hallt der Ruf wieder und die Zeit verlangsamt ihre Schritte.
Schließe die Augen, um zu verstehen
und fange an zu lächeln, um nicht zu vergessen.


 Gruppenbild in unserer selbst gebauten Sukkah für Sukkot

Freitag, 7. Oktober 2016

Zuhause

Eine Woche bin ich jetzt hier und ich hab schon so viele neue Dinge erlebt. Mein Kopf ist gefüllt von Farbklecksern die zu Erinnerungen gehören. Für jede Farbe ein neuer Geruch, ein neuer Geschmack und für jede Farbe ein neuer Mensch. Da ich hier ein Jahr bleibe, muss ich wohl mein Farbspektrum erweitern.
Ich sitze hier mitten im Wald umgeben von Bäumen, Zelten und Hütten und schaue der Sonne dabei zu wie sie ihr Licht abgibt. Spüre unter meinen nackten Füßen die leichte Erde liegen und höre den Bäumen beim atmen zu.

Harduf ist ein Kibbuz auf einem kleinen Hügel zwischen arabischen Dörfern. Und wenn ich sage dass es wie eine jüdische-waldorf-anthroposophen Gemeinschaft ist, dann meine ich das im positiven Sinne. In Harduf selber gibt es eine Waldorfschule, Kindergarten, eine Einrichtung für seelenpflegebedürftige Menschen („people with special needs“), eine Einrichtung für Kinder und Jugendliche aus zerbrochenen Familien, Theaterschule/kurse, biologisch-dynamische Landwirtschaft, ein kleines Restaurant, Laden, Pool, Pub, einen schönen „Meditationsgarten“ und und und.
Ich selber wohne am Rand von Harduf im Wald in Sha'ar la Adam – Bab li'l Insan.
Hier im Wald gibt es zum einen weiter oberhalb die Steinhütten, in denen die TEN-Leute wohnen und zum anderen etwas weiter unten die Tipis und Zelte, in denen die 'Waldmenschen' wohnen.
Das Ten-Projekt bietet jungen Leuten aus aller Welt die Möglichkeit für 5 Monate hier zu sein und in den arabischen Schulen englisch zu unterrichten, sowie einen Tag in der sozialen Einrichtung zu verbringen und einen Tag im Wald und in dem kleinen Garten zu arbeiten, den es hier gibt. Unabhängig davon finden noch viele weitere Dinge statt, wie z.B arabisch und hebräisch Unterricht oder auch biografisches Arbeiten und Ausflüge.
Ich mach alles mit was die TEN-Leute auch mit machen, auch wenn ich ein Jahr bleibe und somit zwei Gruppen mit erlebe und von einer anderen Organisation komme.
Die 'Waldleute' sind zum Teil Studenten und sind demnach für länger hier.
In den Steinhütten in denen die TEN-Leute und ich schlafen, stehen Hoch(betten) ausgelegt für 5 Personen. Ansonsten ist in den Hütten nichts groß. Es gibt noch eine große Küche, mit Kühlschrank und Herd. Draußen liegen Matratzen zum sitzen und auch eine Hängematte baumelt zwischen den Bäumen. Weiter unten gibt es zwei Holzschabracken. In der einen sind Duschen, Waschbecken und sogar eine Waschmaschine und in der anderen die Plumpsklos, die wir einmal die Woche leeren dürfen. Eine Slagline hängt auch zwischen den Bäumen, sowie eine große Theaterbühne und einen kleinen Garten gibt es auch im Wald. Eine Feuerstelle mit aufgespannten Lichtern an den Bäumen ist auch angelegt und ist immer ein guter Ort um den Abend ausklingen zu lassen.

Und was tun wir alle hier ausser unserer Arbeit?
Uns selber finden, irgendwo zwischen den Bäumen, den Menschen und den Sprachen. Irgendwo zwischen Zwischenräumen, die in der knisternden Luft schweben. Antworten suchen gehen auf unsere schreienden Fragen. Helfen zu vermitteln. Das bestehende aufrecht erhalten. Den Dialog zwischen den Kulturen fördern um den Friedensprozess in Israel zu unterstützen und einfach nur zu SEIN. Denn das ist etwas was man hier darf, ohne komisch angeguckt zu werden. 





Mittwoch, 28. September 2016

Vorbereitung

Nun ist es so weit und Morgen, am Donnerstag (29.9), geht mein Flug nach Israel. Mein Dienst geht offiziell vom 1.10.2016 bis zum 31.8.2017.
Jetzt bin ich noch schnell dabei, die letzten Sachen zu organisieren und zu packen, da mein Flug jetzt doch sehr kurzfristig gebucht wurde, aber es wird schon alles klappen.

Ich war vom 13.9 – 22.9 noch auf einem Vorbereitungsseminar in Engen, in der Nähe des Bodensees, was einfach toll war.
Ich habe noch nie so ein gutes und intensives Seminar erlebt wie dieses. Die Themen waren so vielseitig und wichtig, dass es einfach Spaß gemacht hat.
Erwartungen/Ziele/Wünsche wurden besprochen, diverse Orga Punkte geklärt, Themen wie Konflikte, Privilegien, Medizinisches, Stereotypen, Anthroposophie und Waldorf besprochen und diskutiert und viel biografisch gearbeitet, sowie Feedback-Gespräche am Ende in Gruppen ermöglicht. Und ich habe bestimmt jetzt noch einiges vergessen.
Ich hab in den letzten Tagen so viel gelernt wie lange nicht mehr. So wundervolle Menschen getroffen, von denen jeder auf seine Art wirklich total eigen und besonders ist und ich bin so euphorisiert von den Begegnungen die ich machen durfte. Ich glaube, ich habe noch nie zuvor Menschen, von denen ich mich gerade erst verabschiedet habe so sehr innerhalb der letzten Tage vermisst, wie jetzt.
Wenn man sich 10 Tage intensiv mit Leuten beschäftigt, welche im Moment den gleichen Lebensabschnitt gehen, dann ist es wohl auch kein Wunder, dass man nach dieser intensiven Zeit im Zug sitzt und eigentlich jeden Kilometer den man sich zurück nach Hause bewegt, wieder zurück laufen möchte, um wieder in der kleinen eigenen Blase sein zu können, bei der man sich so wohl gefühlt hat, mit all den Leuten. Oder dass man sich Abends vorstellt wie man zusammen sitzt, Bierchen trinkt und Tischkicker spielt und an die schönen Abende zurück denkt.
Ich bin bei mir noch mal ein ganzes Stück weiter gekommen. Weiß jetzt mehr was mir wichtig ist und was ich mir wünsche. Habe über mich und mein Leben nachgedacht/nachdenken müssen und sicher die beste Vorbereitung genossen, die ich kriegen kann.
Ich habe viele schöne Dinge aus dem Seminar mitgenommen. Zum einen ein Notfall-Paket, in dem diverse schöne Dinge sind, wie 'Wohlfühltee' und 'Gutelaune Songs', sowie von fast jedem einen Satz, der mir den Rücken stärkt, wenn es mal nicht so gut läuft. Und zum anderen das „Buddy-Prinzip“. Jeder hat eine persönliche gegenseitige Buddy-Freundschaft geschlossen, also hat jemanden, der immer für einen da ist, unabhängig von dem normalen Freundeskreis, den man zu Hause hat und eben jemand der gerade das 'gleiche' Jahr durchmacht, wie man selber.

Ich bin also mehr oder weniger gut gewappnet für das Jahr, auch wenn der Anfang dann sicher trotzdem ein Sprung ins kalte Wasser wird.